Gegenvorschlag nötig

Ständerat: Pädophilen-Initiative «mangelhaft formuliert»

publiziert: Dienstag, 18. Jun 2013 / 11:46 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 18. Jun 2013 / 12:26 Uhr
Der 18-Jährige, der mit einer 15-Jährigen eine Liebesbeziehung unterhält, müsste mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt werden.
Der 18-Jährige, der mit einer 15-Jährigen eine Liebesbeziehung unterhält, müsste mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt werden.

Bern - Der Ständerat will einen direkten Gegenvorschlag zur Pädophilen-Initiative ausarbeiten lassen. Zwar war auch in der kleinen Kammer unbestritten, dass Kinder besser vor Pädophilen geschützt werden müssen.

7 Meldungen im Zusammenhang

Mit einer mangelhaft formulierten Initiative wollte sie aber nicht neue Probleme und neues Unrecht schaffen. Die Volksinitiative "Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen" der Vereinigung Marche blanche verlangt, dass verurteilte Pädosexuelle nie mehr mit Minderjährigen oder Abhängigen arbeiten dürfen. Gerichte müssten bei einer Verurteilung - unabhängig vom Strafmass - zwingend ein lebenslanges Tätigkeitsverbot anordnen.

Berufsverbot bei Jugendliebe

Dieser Automatismus steht im Widerspruch zum verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Neben diesem juristischen Einwand wurde in der Debatte immer wieder das Problem der Jugendliebe zitiert: Der 18-Jährige, der mit einer 15-Jährigen eine Liebesbeziehung unterhält, müsste mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt werden.

Dazu wollen es auch die Befürworter der Initiative nicht kommen lassen. Solche Probleme könnten aber in der Ausführungsgesetzgebung geregelt werden, sagte Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG). Sie beantragte, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Wegen des eindeutigen Wortlauts der Initiative überwogen im Ständerat aber die Zweifel, dass die Initiative grundrechtskonform umgesetzt werden könnte.

"Es ist nicht so, dass man das noch ein bisschen interpretieren kann", sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie warnte auch vor den Folgen der Initiative: "Langfristig ist es der grösste Schaden für die direkte Demokratie, wenn wir Dinge in die Verfassung schreiben, von denen wir von Anfang an wissen, dass wir sie nicht umsetzen können."

Kein Täterschutz

Um das Anliegen der Initiative dennoch aufnehmen zu können, setzte sich eine Minderheit der Rechtskommission für einen direkten Gegenvorschlag ein. Niemand weise die Initiative zurück, weil er die Täter schützen wolle, sondern weil sie schlecht formuliert sei und zu stossenden Resultaten führen würde, sagte Robert Cramer (Grüne/Genf).

Darum müsse der Ständerat der Initiative einen besser formulierten Gegenvorschlag gegenüberstellen. Cramer richtete den Blick bereits auf die bevorstehende Abstimmung: "Ich kann mir den Abstimmungskampf nicht vorstellen, in dem wir nur mit juristischen Argumenten den verstärkten Kampf gegen Pädophile verhindern."

Kopf oder Bauch

Thomas Minder (parteilos/SH) hielt einen Gegenvorschlag für aussichtslos. "Ein emotionales Thema wie dieses wird nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Bauch entschieden. Da schaut der Bürger nicht auf den Artikel und auf den Unterschied im Wortlaut", sagte er.

Bei vielen Ständerätinnen und Ständeräten verfing dieses Argument nicht. Für Fabio Abate (FDP/TI) "geht es darum, Verantwortung zu übernehmen". Im Ständerat müsse neben dem Bauch auch der Kopf gebraucht werden, sagte Pascale Bruderer (SP/AG).

"Und wenn wir am Schluss scheitern, können wir wenigstens sagen, wir hätten es versucht", begründete Peter Bieri (CVP/ZG) seinen Einsatz für einen direkten Gegenvorschlag. Mit 23 zu 21 Stimmen wies der Rat schliesslich die Vorlage an die Kommission zurück mit dem Auftrag, einen direkten Gegenentwurf zu erarbeiten.

Der Bundesrat hatte einen solchen verworfen, jedoch einen indirekten Gegenentwurf vorgelegt. Die Vorlage soll den Schutz nicht nur von Kindern, sondern generell von Schutzbedürftigen vor Sexual- und Gewaltdelikten stärken. Der Nationalrat hat daraus jene Teile, die sich mit der Initiative überschneiden, herausgelöst und vorerst auf Eis gelegt.

Die übrigen Bestimmungen der Vorlage hiess er letzte Woche gut. Auch der Initiative hat er in der Frühjahrssession überraschend zugestimmt. Das Resultat kam jedoch vor allem darum zu Stande, weil sich der Nationalrat nicht auf eine Formulierung für einen direkten Gegenvorschlag einigen konnte. Nun muss er sich noch einmal mit der Abstimmungsempfehlung befassen.

(dap/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Keine Chance hatte ein direkter Gegenvorschlag. (Archivbild)
Bern - Wegen rechtsstaatlicher Bedenken lehnt der Nationalrat die Volksinitiative für ein Berufs- und Tätigkeitsverbot für Pädokriminelle nun doch ab. In einem ersten Anlauf ... mehr lesen
Kinder sollen besser vor Phädophilen geschützt werden.
Bern - Überraschend hatte sich der Nationalrat in der Frühjahrssession für die Pädophilen-Initiative ausgesprochen. Am Dienstag hiess er darüber hinaus Gesetzesänderungen gut, um Kinder und ... mehr lesen
Bern - Der Nationalrat will Kinder und andere schutzbedürftige Personen besser ... mehr lesen
Die Detailberatung des Nationalrats findet am Dienstag statt.
Weitere Artikel im Zusammenhang
Einige Änderungen diskutiert der Nationalrat in der Sommersession erneut. (Archivbild)
Bern - Der Nationalrat hat sich in der ... mehr lesen
Bern - Die Rechtskommission des ... mehr lesen
Die Mehrheit der Kommission will kein lebenslanges Verbot.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Reaktionäre Kräfte schliessen sich für das Referendum zusammen, mit dabei auch EDU-Präsident Hans Moser.
Reaktionäre Kräfte schliessen sich für das Referendum zusammen, mit ...
Reaktionär  Bern - Gegen die geplante Stiefkindadoption für Homosexuelle regt sich Widerstand. Sollte das Parlament das neue Adoptionsrecht in der vorliegenden Form verabschieden, will ein überparteiliches Komitee aus den Reihen der SVP, CVP und EDU das Referendum ergreifen. mehr lesen 3
Unternehmenssteuerreform  Bern - Zu Beginn der Sommersession am Montagnachmittag beugt sich der Ständerat zum zweiten Mal über die Unternehmenssteuerreform III. Von einer Einigung sind die Räte ... mehr lesen
Ständerat und kleine Kammer kommen zu keinem gemeinsamen Nenner.
Gotthard 2016  Altdorf - Die Alpen-Initiative fordert den Bundesrat auf, mit der Verlagerung der Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene vorwärts zu machen. Die Mitglieder verabschiedeten an ihrer Mitgliederversammlung eine Resolution an die Adresse von Bundesrätin Doris Leuthard. mehr lesen  
Zustimmung bröckelt  Bern - Bei der Pro-Service-public-Initiative, die von Bundesrat und allen Parteien im Parlament bekämpft wird, zeichnet sich ein offenes Rennen ab. Laut der zweiten SRG-Trendumfrage ist die Zustimmung allerdings gesunken. mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 0°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wolkig, aber kaum Regen
Basel 5°C 14°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
St. Gallen 1°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Bern 0°C 11°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 1°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt, Regen
Genf 5°C 13°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt, Regen
Lugano 6°C 10°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten