Änderungen gutgeheissen

Ständerat hält umstrittene Kantonsverfassungen für zulässig

publiziert: Donnerstag, 5. Mrz 2015 / 10:36 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 5. Mrz 2015 / 11:45 Uhr
Die Änderung der Berner Kantonsverfassung sei ein «Grenzfall», sagte der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli.
Die Änderung der Berner Kantonsverfassung sei ein «Grenzfall», sagte der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli.

Bern - Für den Ständerat stehen weder das Verhüllungsverbot des Kantons Tessin noch die Einbürgerungsbestimmungen des Kantons Bern im Widerspruch zum Bundesrecht. Die kleine Kammer hat die Änderungen der jeweiligen Kantonsverfassungen am Donnerstag gutgeheissen.

5 Meldungen im Zusammenhang
Damit folgte der Ständerat seiner Staatspolitischen Kommission sowie dem Bundesrat, die sich ebenfalls dafür ausgesprochen hatten, die umstrittenen Verfassungsänderungen zu gewährleisten.

Das Tessiner Stimmvolk hatte sich im September 2013 deutlich dafür ausgesprochen, Gesichtsverhüllungen im öffentlichen Raum zu verbieten. Die Initiative richtete sich gegen Gesichtsverhüllungen aus religiösen Gründen, also gegen Kleidungsstücke wie Ganzkörperschleier (Burka) oder Gesichtsschleier (Niqab).

Der Bundesrat gab zu bedenken, dass ein grosser Teil der schweizerischen Lehre im Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum einen Verstoss gegen die Religionsfreiheit sehe. «Frauen könnten diskriminiert und aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden», sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga im Ständerat. Nach Meinung des Bundesrats ist eine bundesrechtskonforme Auslegung der Tessiner Verfassungsänderung trotzdem «nicht von vornherein ausgeschlossen».

Andere Stimmen im In- und Ausland hielten ein solches Verbot zudem für zulässig. So ist gemäss einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Juli 2014 ein französisches Gesetz, das Gesichtsverhüllungen im öffentlichen Raum verbietet, mit der Menschenrechtskonvention vereinbar. Die Tessiner Verfassungsbestimmung lehne sich eng an den Wortlaut des französischen Gesetzes an, sagte Robert Cramer (Grüne/GE) im Namen der Staatspolitischen Kommission.

Umstrittene Berner Einbürgerungsinitiative

Die Änderung der Berner Kantonsverfassung geht zurück auf die Initiative «Keine Einbürgerung von Verbrechern und Sozialhilfeempfängern» der Jungen SVP, die im November 2013 überraschend angenommen worden war. Wer Leistungen von der Sozialhilfe bezieht, soll künftig nicht mehr eingebürgert werden.

Die Initiative knüpft die Einbürgerung im Kanton Bern an weitere Auflagen: Wer einmal zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden ist, soll ebenfalls nicht mehr eingebürgert werden dürfen. Gefordert werden zudem «gute Kenntnisse einer Amtssprache».

Die Verfassungsänderung könnte zwar gegen das Diskriminierungsverbot, das Gleichbehandlungsverbot oder das Verhältnismässigkeitsverbot verstossen, so die Einschätzung der vorberatenden Kommission des Ständerats. Und auch Justizministerin Sommaruga hielt fest, dass beispielsweise Personen, die wegen einer Behinderung auf Sozialhilfe angewiesen seien, diskriminiert werden könnten.

Ein Grenzfall

Die Änderung der Berner Kantonsverfassung sei ein «Grenzfall», sagte der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli. Die Kommission habe sich überlegt, die Verfassungsänderung nur «unter Vorbehalt» zu gewährleisten, schliesslich aber auf dieses Vorgehen verzichtet.

Die Berner Verfassung verweise ausdrücklich auf den Rahmen des Bundesrechts, sagte Robert Cramer. Eine bundesrechtskonforme Anwendung der Verfassungsänderung sei unter diesen Voraussetzungen möglich. Dieser Einschätzung schloss sich auch Sommaruga an: Auf den ersten Blick schienen die Kriterien sehr absolut formuliert, der Bundesrat sei aber der Ansicht, dass die Verfassungsbestimmung genügend Spielraum für eine bundesrechtskonforme Umsetzung lasse.

Neben den beiden Verfassungen gewährleistete der Ständerat am Donnerstag auch jene der Kantone Uri, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Waadt und Jura. Nun ist der Nationalrat am Zug.

(jbo/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Laut Uni-Direktor Hansjörg Schmid handelt es sich nicht um eine Koranschule, die Imame ausbildet.
Freiburg - Die Freiburger SVP lanciert eine Volksinitiative gegen das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg. Das hat der Zentralvorstand der ... mehr lesen
Bern - Das Verhüllungsverbot im Kanton Tessin kann nach Ansicht des Bundesrates ... mehr lesen
Der Kanton Tessin will als erster Kanton der Schweiz das Tragen von Gesichtsschleiern in der Öffentlichkeit verbieten. (Symbolbild)
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Der sgv spricht sich für ein ausgewogenes Gesamtpaket aus, das eine moderate Erhöhung des Rentenalters sowie eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuersätze beinhaltet.
Der sgv spricht sich für ein ausgewogenes Gesamtpaket aus, das eine ...
Verbände Schon früh hat der sgv vor den finanziellen Folgen einer 13. AHV-Rente gewarnt. Die Finanzierungsvorschläge des Bundesrates, die eine Anhebung der Lohnprozente vorsahen, werden vom Verband als inakzeptabel bezeichnet. Der sgv spricht sich stattdessen für ein ausgewogenes Gesamtpaket aus, das eine moderate Erhöhung des Rentenalters sowie eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuersätze beinhaltet. mehr lesen  
Buchhaltung Bern - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 27. März 2024 beschlossen, die Zinssätze für die ausstehenden ... mehr lesen  
Die Verzinsung bietet einen Anreiz, Covid-19-Kredite nicht länger als notwendig zu beanspruchen.
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=22&col=COL_2_1
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Mi Do
Zürich 4°C 11°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass wechselnd bewölkt, Regen
Basel 5°C 11°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 2°C 9°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass starker Schneeregen
Bern 4°C 10°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen starker Schneeregen
Luzern 6°C 11°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass wechselnd bewölkt, Regen
Genf 8°C 11°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 13°C 19°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wechselnd bewölkt
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten