Steffen, Thürig und Schildknecht als Hoffnungsträger

Mathias Hecht (31) und Natascha Badmann (44) sind in der Nacht auf Sonntag Schweizer Zeit ebenfalls dazu fähig, in die Top Ten zu kommen. Mike Schifferle (38) und Mike Aigroz (33) vervollständigen beim legendärsten Triathlon der Welt mit Start und Ziel in Kailua-Kona die Schweizer Farben im Profifeld. Auf der Vulkan-Insel im Pazifik sind 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen zu bewältigen.

Das Profifeld wurde im Vergleich zu den Vorjahren drastisch reduziert. Natascha Badmann als sechsfache Ironman-Weltmeisterin wäre nicht mehr automatisch qualifiziert gewesen, da ihr letzter Triumph (2005) mehr als fünf Jahre zurückliegt. Die Aargauerin mit Basler Wurzeln erhielt nun aber verletzungsbedingt einen Sonderstatus, da sie 2007 einen schlimmen Radsturz auf Hawaii verzeichnete. Die erlittenen Schulterverletzungen erforderten einen langen Heilungsprozess. Im Vorjahr war sie zudem noch durch das Pfeiffersche Drüsenfieber zurückgeworfen worden. Mit Platz 2 Ende Mai dieses Jahres am anspruchsvollen Ironman Lanzarote meldete sich Badmann aber eindrucksvoll zurück.

Ein dritter Rang an der inoffiziellen 70.3-EM vom August in Wiesbaden war ebenfalls mehr, als ihr allgemein zugetraut worden war. Laut Badmanns Lebenspartner Toni Hasler hat Badmann ihre Form seither noch weiter steigern können: «Ihre Trainingswerte sind klar besser als vor ihrem letzten Sieg auf Hawaii vor sechs Jahren.» Badmanns Siegerzeit von 9:09 Stunden von 2005 hätte ihr im Vorjahr bei vergleichbaren Bedingungen Platz 3 eingebracht.

Noch höher als Badmann ist heuer aber Karin Thürig einzuschätzen, die in Wiesbaden den inoffiziellen 70.3-EM-Titel geholt hatte. Die dreifache Gewinnerin des Ironman Switzerland wird nach Hawaii ihre Karriere beschliessen, obschon sie sich in einer so starken Triathlon-Form wie nie zuvor präsentiert. Im Vorjahr hatte Thürig bereits mit Radstreckenrekord imponiert und ihr Ironman-WM-Bestresultat von 2003 egalisiert (Rang 6). Vier Wochen vor der diesjährigen Ironman-WM beeindruckte die 39-jährige Luzernerin aus Retschwil in Las Vegas mit Platz 2 an der 70.3-WM.

Steffen mit happiger Vorgabe

Schwerer als Thürig dürfte Caroline Steffen eine nochmalige Steigerung auf Big Island fallen. Denn die 33-jährige Berner Oberländerin mit australischem Wohnsitz war im Vorjahr Zweite hinter der herausragend laufstarken Mirinda Carfrae (Au). Die vom australischen Star-Trainer Brett Sutton trainierte Steffen gewann in diesem Jahr Ende Juli u.a. die Ironman-«EM» in Frankfurt, wo sie sich im Laufen bei garstigen Temperaturen wegen Krämpfen richtiggehend ins Ziel kämpfen musste.

Als Topfavoritin bei den Frauen gilt Chrissie Wellington. Die britische Streckenrekordhalterin und dreifache Siegerin hatte im Vorjahr wegen einer Magendarm-Verstimmung ihren Start kurzfristig zurückgezogen. Auch ihre diesjährige Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt verlief nicht reibungslos; vor zwei Wochen erlitt Wellington bei einem Sturz im Radfahren an ihrem Trainingsstützpunkt in Boulder im amerikanischen Bundesstaat Colorado erhebliche Hautschürfungen und Prellungen.

Schildknecht im Vorfeld in Topform

Bei den Männern will Ronnie Schildknecht seine Topklassierung von 2008 (Rang 4) verbessern. Der fünffache Gewinner des Ironman Switzerland demonstrierte in seinem letzten Wettkampf Anfang September in Österreich seine Topform, als er über die halbe Ironman-Distanz mit zweieinhalb Minuten Vorsprung auf Timo Bracht (De/Ironman-WM-Sechster von 2009 und 2010) gewann.

Schildknecht strebt als erst zweiter Schweizer nach Carl Kupferschmid (1985) bei den Männern einen Podestrang am berühmtesten Triathlon der Welt an. Mathias Hecht hat schon drei Ironman-Wettkämpfe in diesem Jahr beendet (Ränge 2, 1 und 3). Ein zweiter Vorstoss in die Top Ten in Hawaii nach 2008 (Rang 8) dürfte seine Energiereserven wohl überfordern.

Ronnie Schildknecht bereitete sich unter anderen mit dem letztjährigen Ironman-Weltmeister Chris McCormack (Au) auf den Saisonhöhepunkt vor. McCormack, der dem Schweizer vorab in den Rad-Trainings kaum folgen konnte, wird seinen Titel aber nicht verteidigen, da er im Alter von 38 Jahren den Fokus nochmals auf die olympische Distanz setzt. Er möchte es unbedingt ins maximal dreiköpfige Männerteam der Australier für Olympia 2012 in London schaffen.

Als Topfavoriten gelten Andreas Raelert (Weltbestzeit-Inhaber über die IM-Distanz), der Vorjahresdritte Marino Vanhoenacker (Be) sowie Craig Alexander (38), der zweifache Ironman-Weltmeister, und Rasmus Henning (Dä). Dieses Quartett belegte im Vorjahr die Plätze 2 bis 5.

In der Bucht von Kailua-Kona müssen die insgesamt rund 1800 Athleten im Schwimmen im schlimmsten Fall mit Tigerhaien, beim Radfahren mit peitschendem Seiten- und Gegenwind und im abschliessenden Marathon mit Glutofen-Hitze rechnen. Vor vier Jahren hatte der legendäre Event wegen eines Erdbebens (6,5 auf der Richterskala eine Woche vor der Austragung) beinahe abgesagt werden müssen.

(joge/Si)