Nationalrat billigt Revision

Steuersünder nachträglich informieren

publiziert: Donnerstag, 12. Dez 2013 / 12:26 Uhr
Das Bankgeheimnis wirft viele Fragen auf.
Das Bankgeheimnis wirft viele Fragen auf.

Bern - Der Nationalrat ist damit einverstanden, die Regeln zur Steueramtshilfe erneut anzupassen. Um Sanktionen anderer Staaten gegen die Schweiz zu verhindern, hat er am Donnerstag eine Revision des Steueramtshilfegesetzes gutgeheissen.

8 Meldungen im Zusammenhang
Das Steueramtshilfegesetz ist erst seit kurzem in Kraft. Dennoch muss es bereits wieder revidiert werden. Die wichtigste Änderung: Steuersünder sollen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn Daten über sie an andere Staaten übermittelt werden. In Ausnahmefällen soll die Information künftig nachträglich erfolgen.

«Die Kröte ist zu schlucken»

Wie alle Fragen rund um das Bankgeheimnis gab auch diese zu reden. Gegen die Änderung stellte sich die SVP. «Einmal mehr sollen wir uns nach den Befehlen der OECD richten», kritisierte Hans Kaufmann (SVP/ZH). «Einmal mehr ist der Bundesrat eingeknickt.» Mit der Änderung würden rechtsstaatliche Garantien über Bord geworfen.

Fulvio Pelli (FDP/TI) pflichtete ihm teilweise bei: Der neue Standard sei mit der Rechtsstaatlichkeit schwer vereinbar. Zunehmend gelte das Recht des Mächtigeren. Doch die Schweiz habe keine Alternative. «Die Kröte ist zu schlucken, im Interesse des Werk- und Finanzplatzes Schweiz.»

Im Interesse der Schweiz

Auch der Bundesrat hatte eingeräumt, dass die Änderung heikel sei. Sie stelle eine Einschränkung der in der Verfassung garantierten Rechtsweggarantie dar. Es liege jedoch im Interesse der Schweiz, den Empfehlungen der OECD nachzukommen. Die Mehrheit sah dies auch so: Der Nationalrat stimmte der Änderung mit 124 zu 66 Stimmen zu.

Allerdings verschärfte er die Bedingungen für eine nachträgliche Information leicht: Der andere Staat soll geltend machen müssen, dass eine vorgängige Information des Betroffenen sowohl den Zweck als auch den Erfolg der Untersuchung gefährden würde. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf rief den Rat vergeblich dazu auf, nicht von der Formulierung des internationalen Standards abzuweichen.

Gruppenanfragen präzisiert

Im Gesetz wird auch präzisiert, was unter Gruppengesuchen zu verstehen ist. Dabei handelt es sich um Gesuche, mit welchen Informationen über mehrere Personen verlangt werden, die nach einem identischen Verhaltensmuster vorgegangen sind und anhand bestimmter Angaben identifizierbar sind.

Was Gruppengesuche genau beinhalten müssen, bestimmt der Bundesrat. Die SVP scheiterte mit einem Antrag, diese Kompetenz dem Parlament zuzusprechen. Gruppengesuche sind bereits nach dem geltenden Gesetz möglich. Neu soll ein auf Gruppengesuche zugeschnittenes Informationsverfahren geschaffen werden.

Nicht auf Basis gestohlener Daten

Verzichtet hatte der Bundesrat nach der Vernehmlassung auf eine Lockerung der Regeln zum Umgang mit gestohlenen Daten. Ursprünglich hatte er Amtshilfe bei gestohlenen Daten zulassen wollen, sofern der andere Staat die Daten nicht aktiv beschafft hat oder beschaffen liess. Nach heftiger Kritik liess er den Plan fallen.

Eine linke Minderheit brachte die Frage im Nationalrat wieder aufs Tapet. Sie beantragte, dass nur dann keine Amtshilfe gewährt werden sollte, wenn das Gesuch den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt. Dass es auf gestohlenen Daten basiert, sollte kein Hinderungsgrund sein. Der Rat lehnte dies aber mit 125 zu 50 Stimmen ab.

Hunderte Gesuche blockiert

Die Gegner der Amtshilfe auf Basis gestohlener Daten argumentierten, damit würde geradezu ein Anreiz für kriminelle Handlungen geschaffen. Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) warnte vergeblich davor, dass ohne Änderung in diesem Punkt das Gesetz wohl in einem halben Jahr erneut angepasst werden müsse.

Im Bericht zur Vernehmlassung hatte der Bundesrat geschrieben, wichtige Partnerländer gäben sich mit der aktuellen Praxis nicht zufrieden, was zu einem grossen Politikum zu werden drohe. Weil die Schweiz auf Basis gestohlener Daten keine Amtshilfe leistet, sind Hunderte von Gesuchen blockiert. Allein aus Indien sind laut Widmer-Schlumpf rund 500 Gesuche offen.

Empfehlungen des Global Forum

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat das revidierte Steueramtshilfegesetz mit 130 zu 55 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut. Es geht nun an den Ständerat. Mit der Gesetzesrevision möchte der Bundesrat erreichen, dass die Schweiz zur zweiten Phase des Peer Review zugelassen wird. Es handelt sich dabei um eine Prüfung durch das Global Forum, ein Gremium der OECD.

Im Nationalrat wiesen die einen darauf hin, dass auch andere Länder noch nicht zur zweiten Phase zugelassen wurden. Die anderen gaben zu bedenken, die Schweiz sei das einzige OECD-Land, das noch nicht zugelassen sei. Bei den übrigen Ländern handle es sich um «exotische Feriendestinationen», wie es Leutenegger Oberholzer ausdrückte.

Die Möglichkeit der nachträglichen Information Betroffener ist eine von drei Massnahmen, die das Global Forum der Schweiz 2011 empfohlen hatte. Die zweite Massnahme betrifft die Transparenz bei Inhaberaktien, die dritte Doppelbesteuerungsabkommen mit Amtshilfeklauseln nach OECD-Standard. Eine der drei Empfehlungen muss die Schweiz vollständig umsetzen, damit sie zur zweiten Phase des Peer Review zugelassen wird.

(bg/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Ab dem 1. August müssen ... mehr lesen
Die Schweiz hat sich dem internationalen Druck gebeugt: Das Bankgeheimnis wie es war, gibt es nicht mehr.
Eine Anpassung sei nötig, um Sanktionen gegen die Schweiz zu verhindern.
Bern - Steuersünder müssen nicht mehr in jedem Fall vorgängig informiert werden, wenn die Schweiz Daten über sie an andere Staaten übermittelt. Nach dem Nationalrat hat auch der ... mehr lesen
Bern - Die abwartende Haltung der ... mehr lesen
Wie sieht die Zukunft des Bankgeheimnisses aus?
Der OECD-Standard bezüglich Amtshilfe soll rasch umgesetzt werden.
Bern - Der Bundesrat will allen Ländern Steueramtshilfe nach OECD-Standard leisten, mit welchen die Schweiz ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen hat. Er hat das ... mehr lesen
Bern - Das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses rückt einen Schritt näher: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat einen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch von Bankkunden-Daten (AIA) vorgelegt. mehr lesen 
Weitere Artikel im Zusammenhang
Bern - Der Bundesrat hält es für verfrüht, weitere Massnahmen zu ergreifen gegen das ... mehr lesen
Nichts wissen will der Bundesrat vom Vorschlag, den Banken die Folgekosten aus dem Steuerstreit mit den USA aufzuerlegen.
Steuersünder sollen nicht mehr vorgängig informiert werden, wenn Daten über sie übermittelt werden. (Symbolbild)
Bern - Bei Steuerdelikten soll die ... mehr lesen 1
Bern - Die Schweiz hat am Dienstagnachmittag in Paris die OECD-Konvention ... mehr lesen 2
Die Schweiz hat heute die OECD-Konvention unterzeichnet.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
In den vergangenen Jahre haben von knapp 500'000 Einkommensmillionären nur 12'000 pro Jahr den Bundesstaat gewechselt.
In den vergangenen Jahre haben von knapp 500'000 Einkommensmillionären nur ...
Falsche Sichtweise  Selbst wenn sie hohe Steuerabgaben leisten müssen, leben reiche Amerikaner grösstenteils weiter in ihren angestammten Bundesstaaten und ziehen nicht in eine andere US-Region mit günstigeren Steuerbedingungen. mehr lesen 
Ständerat und kleine Kammer kommen zu keinem gemeinsamen Nenner.
Unternehmenssteuerreform  Bern - Zu Beginn der Sommersession am Montagnachmittag beugt sich der Ständerat zum zweiten Mal über die Unternehmenssteuerreform III. Von einer Einigung sind die Räte ... mehr lesen  
Etschmayer Im Juni kommt das kommunistisch-anarchische Projekt des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) zur Abstimmung. Eine Vorlage, die bei einer Annahme die sofortige Auflösung der Schweiz, einen Kometeneinschlag in Bern, eine Heuschreckenplage und noch drei bis vier andere Katastrophen biblischen Ausmasses zur Folge hätte. mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 4°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Basel 7°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig gewitterhaft wechselnd bewölkt
St. Gallen 5°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Bern 4°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wolkig, aber kaum Regen
Luzern 6°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt
Genf 10°C 21°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
Lugano 7°C 12°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten