Verbände Schon früh hat der sgv vor den finanziellen Folgen einer 13. AHV-Rente gewarnt. Die Finanzierungsvorschläge des Bundesrates, die eine Anhebung der Lohnprozente vorsahen, werden vom Verband als inakzeptabel bezeichnet. Der sgv spricht sich stattdessen für ein ausgewogenes Gesamtpaket aus, das eine moderate Erhöhung des Rentenalters sowie eine leichte Anhebung der Mehrwertsteuersätze beinhaltet. mehr lesen
Abstimmung am 30. November
Stimmvolk entscheidet über Obergrenze für Zuwanderung
publiziert: Sonntag, 19. Okt 2014 / 09:54 Uhr
Die Ecopop-Initiative erhöht den Druck bei der Umsetzung der MEI. (Symbolbild)
Bern - Zum zweiten Mal in diesem Jahr stimmt das Volk am 30. November über die Zuwanderung ab. Diesmal geht es um eine fixe Obergrenze, die eine drastische Reduktion der Zuwanderung zur Folge hätte. Ein Ja würde die Schweiz europapolitisch endgültig ins Schleudern bringen.
Die Initiative der Umweltorganisation Ecopop verfolgt dasselbe Ziel wie die Masseneinwanderungsinitiative der SVP, die das Stimmvolk am 9. Februar angenommen hat, geht aber deutlich weiter. Das Ja zur SVP-Initiative war ein Ja zur Steuerung der Zuwanderung mit Kontingenten.
Die Ecopop-Initiative «Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» verlangt nun, dass die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung beschränkt wird - einen Bruchteil der heutigen Zahl: Unter dem Strich wandern jährlich über 80'000 Personen ein, bei einem Ja zur Initiative dürften es weniger als 17'000 sein.
Ökologisch vertretbares Mass
Die Initianten finden, das Volk müsse eine klare Grenze setzen, die Masseneinwanderungsinitiative bringe zu wenig. Daneben fordern sie, dass mindestens 10 Prozent der Entwicklungshilfegelder für freiwillige Familienplanung eingesetzt werden.
Die Menschheit könne nicht endlos wachsen, weder in der Schweiz noch global, lautet das Argument für die beiden Forderungen. Dafür reichten die Ressourcen nicht. Das Wachstum müsse auf ein ökologisch vertretbares Mass reduziert werden.
Bilateraler Weg ohnehin am Ende
Dass eine fixe Obergrenze mit den bilateralen Verträgen nicht vereinbar ist, quittieren die Initianten mit einem Schulterzucken. Zum einen wolle die EU die bilateralen Verträge in der heutigen Form ohnehin nicht mehr, zum anderen habe die Schweiz der Personenfreizügigkeit schon mit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative eine Absage erteilt.
Die Gegner sehen dies anders: Ein Ja zur Ecopop-Initiative würde die aktuellen Bemühungen unterlaufen, gute Beziehungen zur EU zu sichern, hält der Bundesrat fest. Die Initiative verstosse gegen Grundprinzipien, auf denen die Beziehungen der Schweiz mit der EU beruhten. Und von diesen hänge der Wohlstand der Schweiz ab.
SVP halbherzig auf der Gegner-Seite
Auf den ersten Blick scheint Ecopop auf verlorenem Posten zu kämpfen. Das Initiativkomitee deckt zwar das Parteienspektrum von links bis rechts ab, erfährt aber wenig offene Unterstützung. Im Parlament machte das Volksbegehren nur eine Handvoll Stimmen, die Wirtschaft stellt sich vehement dagegen. Ganz so klar liegen die Dinge aber nicht.
Ecopop sieht das Volksbegehren auch als Druckmittel zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Die SVP als deren Urheberin hat zwar die Nein-Parole gefasst und warnt davor, dass ein Ja die Umsetzung der eigenen Initiative gefährden würde. Gleichzeitig beschuldigt sie aber den Bundesrat, diese gar nicht umsetzen zu wollen. Das könnte Ja-Stimmende vom 9. Februar zu einem erneuten Ja bewegen. Ausserdem empfiehlt die der SVP nahe stehende AUNS ein Ja.
Fremdenfeindlich statt umweltfreundlich
Klar distanziert haben sich dagegen die Grünen, obwohl Ecopop mit dem Ressourcenverbrauch ein Kernanliegen der Partei thematisiert. Aus Sicht der Grünen setzt die Initiative am falschen Ort an, wenn sie Umweltprobleme zu Ausländerproblemen macht.
Auch für den Bundesrat ist die Initiative «ökologisch unlogisch», wie es Justizministerin Simonetta Sommaruga ausdrückte. Sie löse kein einziges Umweltproblem und sei fremdenfeindlich. Ob Ressourcen in einem Nachbarland oder in der Schweiz verbraucht würden, spiele für die Umwelt nämlich keine Rolle. Wer etwas für die Umwelt tun wolle, müsse den Pro-Kopf-Verbrauch von Ressourcen senken.
Tausende fehlende Arbeitskräfte
Aus Sicht der Gegnerinnen und Gegner würde ein Ja zur Initiative aber nicht nur keine Probleme lösen, sondern neue schaffen. Würde die Zuwanderung so stark reduziert, fehlten der Schweiz Tausende von Fachkräften - in Spitälern, in der Industrie oder auf dem Bau.
Selbst wenn das inländische Arbeitskräftepotenzial vollständig ausgeschöpft würde, könnten die Löcher nicht gestopft werden, warnt der Bundesrat. Das hätte Konsequenzen für die ganze Bevölkerung. Bestimmte Dienstleistungen - etwa die Pflege von Kranken und Betagten - könnten kaum mehr in gewohntem Umfang erbracht werden.
Falsche Entwicklungshilfe
Auf wenig Begeisterung stösst bei Gegnern und in Fachkreisen auch die Forderung zur Entwicklungshilfe. Hilfswerke betonen, den armen Ländern des Südens fehle es nicht an Verhütungsmitteln, sondern vielmehr an Gesundheitsversorgung, Bildung und Einkommen.
Die Initianten lassen sich durch solche Kritik nicht beirren. Niemand habe behauptet, die Ausländer seien an Umweltproblemen schuld, sagt Ecopop-Geschäftsführer Andreas Thommen. Für die Umweltbelastung spiele aber nicht nur der Pro-Kopf-Konsum eine Rolle. Es komme auch auf die Anzahl Menschen an.
Wie sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dazu stellen, wird der 30. November zeigen. Umfragen liegen noch nicht vor. Fest steht indes laut dem SRG-Wahlbarometer, dass die Mehrheit nicht auf die bilateralen Verträge verzichten möchte.
Die Ecopop-Initiative «Stopp der Überbevölkerung - zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» verlangt nun, dass die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung beschränkt wird - einen Bruchteil der heutigen Zahl: Unter dem Strich wandern jährlich über 80'000 Personen ein, bei einem Ja zur Initiative dürften es weniger als 17'000 sein.
Ökologisch vertretbares Mass
Die Initianten finden, das Volk müsse eine klare Grenze setzen, die Masseneinwanderungsinitiative bringe zu wenig. Daneben fordern sie, dass mindestens 10 Prozent der Entwicklungshilfegelder für freiwillige Familienplanung eingesetzt werden.
Die Menschheit könne nicht endlos wachsen, weder in der Schweiz noch global, lautet das Argument für die beiden Forderungen. Dafür reichten die Ressourcen nicht. Das Wachstum müsse auf ein ökologisch vertretbares Mass reduziert werden.
Bilateraler Weg ohnehin am Ende
Dass eine fixe Obergrenze mit den bilateralen Verträgen nicht vereinbar ist, quittieren die Initianten mit einem Schulterzucken. Zum einen wolle die EU die bilateralen Verträge in der heutigen Form ohnehin nicht mehr, zum anderen habe die Schweiz der Personenfreizügigkeit schon mit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative eine Absage erteilt.
Die Gegner sehen dies anders: Ein Ja zur Ecopop-Initiative würde die aktuellen Bemühungen unterlaufen, gute Beziehungen zur EU zu sichern, hält der Bundesrat fest. Die Initiative verstosse gegen Grundprinzipien, auf denen die Beziehungen der Schweiz mit der EU beruhten. Und von diesen hänge der Wohlstand der Schweiz ab.
SVP halbherzig auf der Gegner-Seite
Auf den ersten Blick scheint Ecopop auf verlorenem Posten zu kämpfen. Das Initiativkomitee deckt zwar das Parteienspektrum von links bis rechts ab, erfährt aber wenig offene Unterstützung. Im Parlament machte das Volksbegehren nur eine Handvoll Stimmen, die Wirtschaft stellt sich vehement dagegen. Ganz so klar liegen die Dinge aber nicht.
Ecopop sieht das Volksbegehren auch als Druckmittel zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Die SVP als deren Urheberin hat zwar die Nein-Parole gefasst und warnt davor, dass ein Ja die Umsetzung der eigenen Initiative gefährden würde. Gleichzeitig beschuldigt sie aber den Bundesrat, diese gar nicht umsetzen zu wollen. Das könnte Ja-Stimmende vom 9. Februar zu einem erneuten Ja bewegen. Ausserdem empfiehlt die der SVP nahe stehende AUNS ein Ja.
Fremdenfeindlich statt umweltfreundlich
Klar distanziert haben sich dagegen die Grünen, obwohl Ecopop mit dem Ressourcenverbrauch ein Kernanliegen der Partei thematisiert. Aus Sicht der Grünen setzt die Initiative am falschen Ort an, wenn sie Umweltprobleme zu Ausländerproblemen macht.
Auch für den Bundesrat ist die Initiative «ökologisch unlogisch», wie es Justizministerin Simonetta Sommaruga ausdrückte. Sie löse kein einziges Umweltproblem und sei fremdenfeindlich. Ob Ressourcen in einem Nachbarland oder in der Schweiz verbraucht würden, spiele für die Umwelt nämlich keine Rolle. Wer etwas für die Umwelt tun wolle, müsse den Pro-Kopf-Verbrauch von Ressourcen senken.
Tausende fehlende Arbeitskräfte
Aus Sicht der Gegnerinnen und Gegner würde ein Ja zur Initiative aber nicht nur keine Probleme lösen, sondern neue schaffen. Würde die Zuwanderung so stark reduziert, fehlten der Schweiz Tausende von Fachkräften - in Spitälern, in der Industrie oder auf dem Bau.
Selbst wenn das inländische Arbeitskräftepotenzial vollständig ausgeschöpft würde, könnten die Löcher nicht gestopft werden, warnt der Bundesrat. Das hätte Konsequenzen für die ganze Bevölkerung. Bestimmte Dienstleistungen - etwa die Pflege von Kranken und Betagten - könnten kaum mehr in gewohntem Umfang erbracht werden.
Falsche Entwicklungshilfe
Auf wenig Begeisterung stösst bei Gegnern und in Fachkreisen auch die Forderung zur Entwicklungshilfe. Hilfswerke betonen, den armen Ländern des Südens fehle es nicht an Verhütungsmitteln, sondern vielmehr an Gesundheitsversorgung, Bildung und Einkommen.
Die Initianten lassen sich durch solche Kritik nicht beirren. Niemand habe behauptet, die Ausländer seien an Umweltproblemen schuld, sagt Ecopop-Geschäftsführer Andreas Thommen. Für die Umweltbelastung spiele aber nicht nur der Pro-Kopf-Konsum eine Rolle. Es komme auch auf die Anzahl Menschen an.
Wie sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger dazu stellen, wird der 30. November zeigen. Umfragen liegen noch nicht vor. Fest steht indes laut dem SRG-Wahlbarometer, dass die Mehrheit nicht auf die bilateralen Verträge verzichten möchte.
(bert/sda)
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