Massive Kritik am Freihandelsabkommen

«Stopp TTIP»: 250'000 protestieren in Berlin

publiziert: Samstag, 10. Okt 2015 / 14:18 Uhr / aktualisiert: Samstag, 10. Okt 2015 / 21:09 Uhr
Viele verschiedene Verbände unterstützten die Proteste.
Viele verschiedene Verbände unterstützten die Proteste.

Berlin - Eine Viertelmillion Menschen hat nach Angaben der Organisatoren in Berlin gegen die umstrittenen EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada demonstriert.

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"Nie zuvor sind in Europa mehr Menschen zu diesem Thema auf die Strasse gegangen", teilte das Veranstalterbündnis der Demonstration unter dem Motto "TTIP und Ceta stoppen!" am Samstag mit. Die Polizei sprach hingegen von lediglich gut 150'000 Demonstranten.

Bei Sonnenschein und blauem Himmel versammelten sich mehrere zehntausend Demonstranten bereits am frühen Vormittag vor dem Berliner Hauptbahnhof. Die TTIP-Gegner waren unter anderem mit fünf Sonderzügen sowie mehr als 600 Bussen angereist.

Die Banner, Fahnen und Plakate auf dem Demonstrationszug spiegelten die Vielfalt der teilnehmenden Verbände wieder: Gewerkschaften, Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen, Globalisierungskritiker sowie Anhänger der Grünen und der Linken unterstützten die Proteste.

Die Transparente der Teilnehmer richteten sich vor allem gegen einen zu grossen Einfluss von US-Konzernen auf die Politik sowie gegen einen Abbau der Demokratie. Andere Banner warnten vor der Einführung genmanipulierter Lebensmittel, vor einem Abbau der Arbeitnehmerrechte sowie vor Raubbau an der Natur, etwa durch das umstrittene Fracking.

Chlorhühnchen

Viele Teilnehmer hatten sich verkleidet. So war das so genannte Chlorhühnchen mehrfach an der Demonstration zu sehen, das für Konsumentenschützer ein Symbol für ihrer Meinung nach zu niedrige Lebensmittel- und Tierschutzstandards in den USA ist.

Die Organisatoren hatten im Vorfeld mit 50'000 bis 100'000 Teilnehmern gerechnet. Wegen des grossen Andrangs war aber am Bahnhofsvorplatz gegen Mittag kein Durchkommen mehr. Die S-Bahnen konnten nach Angaben der Deutschen Bahn den Hauptbahnhof zeitweise nicht mehr anfahren. Auch U-Bahn-Stationen entlang der Route zur Siegessäule mussten nach Polizeiangaben zeitweise gesperrt werden.

Die Polizei sei mit rund 1000 Beamten im Einsatz, sagte Berlins Polizeisprecher Stefan Redlich. Die Demonstration bezeichnete er als "störungsfrei".

"Zukunft nicht Märkten überlassen"

"Wir sind hier, weil wir die Zukunft nicht den Märkten überlassen, sondern die Demokratie retten wollen", sagte Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands, in einer Ansprache. Zu den weiteren Rednern gehörten der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB Reiner Hoffmann, die SPD-Politikerin Gesine Schwan, der Grünen-Vorsitzende Anton Hofreiter sowie Linken-Chef Bernd Riexinger.

Die Demonstranten wurden unter anderem von 20 Protestwagen begleitet. Trommlergruppen und andere Musiker säumten die Strassen. Immer wieder erschallte der Ruf "Stopp TTIP!" aus der Menge, die sich in ihrer Ablehnung gegenüber den Freihandelsabkommen durchaus uneinig ist.

Der DGB lehnt das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA sowie den Ceta-Vertrag zwischen der EU und Kanada in seiner derzeit geplanten Form ab. Globalisierungskritiker wie Attac plädieren hingegen für ein gänzlich anderes Wirtschaftssystem.

Kritik an Schiedsgerichten und Geheimhaltung

Die Kritiker der Abkommen befürchten unter anderem sinkende Sozial-, Umwelt- und Konsumentenstandards sowie eine Schwächung demokratischer Institutionen.

Zu den umstrittensten Aspekten gehört die Einrichtung sogenannter Investor-Staats-Schiedsgerichte sowie die Geheimhaltung der Verhandlungen, von denen auch EU-Parlamentsabgeordnete sowie Parlamentarier von EU-Staaten weitestgehend ausgeschlossen sind. "Schluss mit der Geheimdiplomatie", forderte deshalb DGB-Chef Hoffmann an der Abschlusskundgebung.

Die Fürsprecher von TTIP und Ceta warben ebenfalls für ihre Position. Im Rahmen einer vom Bund der Deutschen Industrie (BDI) finanzierten Kampagne fuhren Lastwagen und ein Schiff mit Plakaten durch die Strassen Berlins und über die Spree.

Vizekanzler Sigmar Gabriel verteidigt TTIP

Auch der SPD-Vorsitzende, Vizekanzler und deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprach sich in einem am Samstag in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief für die Abkommen aus.

Europa müsse selbstbewusst und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen. Man habe die Chance, weltweit einen neuen Standard für den wachsenden globalen Handel zu setzen - "mit ambitionierten Umwelt- und Verbraucherstandards und mit fairen Bedingungen für Investitionen und Arbeitnehmer", heisst es in den Anzeigen.

(bert/sda)

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In Deutschland..
...gehen wenigstens eine Viertelmillion auf die Strasse.
Ich bin erfreut und erstaunt über diese Zahl.

In der Schweiz? Dümpelt man halt ein wenig vor sich hin. Mit Sonntagsschülern kann man keinen Volksaufstand organisieren. Da könnte man ja am nächsten Tag vielleicht zu spät zur Arbeit kommen und das geht gar nicht, selbst wenn das Leben auf dem Spiel steht.

Die Schweizer sind ein dressiertes Volk wie kaum ein anderes. Auch, wenn die Geschichte den Schweizern ein weit besseres Zeugnis liefert, davon ist nichts mehr übrig.
Das habe ich schon früher in Diskussionen festgestellt, in denen es um eine Mobilmachung ging, falls der Krieg über Nacht ausbricht.
Denen muss man allen ernstes erst mal klar machen, dass unter diesen Umständen vielleicht kein Bus mehr fährt, mit dem die einrückenden Soldaten in den Kasernen erst mal ihre Waffen suchen müssen.
Man lebt in diesem Land in einer unglaublichen Fixierung auf Tagesstrukturen. Im Krieg wäre die Schweiz am meisten von innen bedroht und es ist mit einer grossen Zahl Menschen zu rechnen, die mehrere Tage bis Wochen brauchen, um die neue Realität erst mal wahrzunehmen.

Tja, die Volksrechte erweisen sich in diesem Fall als Handicap. Gerade WEIL die Schweizer sich an ihre politischen Rechte gewöhnt haben, merken sie spät bis gar nie, wenn es Zeit ist, sich auf einem direkteren Weg bemerkbar zu machen.
Aber Papierli und Dokumente stempeln war schon immer gross im Kurs, im Nachtwächterstaat. Da passt der nutzlose, aber akribisch und mit viel Getöse durchgeführte Abstimmungssonntag fürs Protokoll einwandfrei dazu.

In Russischen Medien wurden in den letzten Tagen detaillierte Auskünfte zu diesem TTIP - Pipifax verbreitet. Aber ich weiss nicht, wo es deutsche Übersetzungen gibt. Vielleicht auf RT Deutschland.
Nützt auch nichts. Die Festplatte des Schweizers hält maximal 2 Monate, danach ist alles vergessen.
Drecksgeschäft
Man muss nur die Bedingungen anschauen, dann weiss man was es geschlagen hat:

- geheim Verhandlungen
- geheime Dokumente
- selbst Deutsche Abgeordnete erhalten keinen Einblick
- geheime Schiedsgerichte
- Telefone, Papier, Schreibzeug, alles nicht erlaubt für die Auserwählten die Einblick in die Dokumente erhalten
- usw.

So eine Vertragsverhandlung in Demokratien mit Verfassungen, Parlamenten und staatlichen Gerichten? Das so etwas überhaupt akzeptiert wird ist Landesverrat!

Das ganze ist eine grosse Schweinerei und dient nur dem globalen Machtausbau der USA. Da müssten in Deutschland mindestens 1 Million auf die Strasse.
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