Task Force empfiehlt Massnahmen gegen Dschihadisten
Bern - Die Schweiz tut bereits einiges, um Dschihad-Sympathisanten zu erkennen und an der Reise in Kriegsgebiete zu hindern. Sie sollte aber mehr tun. Zu diesem Schluss kommt eine Task Force des Bundes. Zu den möglichen Massnahmen gehört eine Telefon-Hotline.
In der ersten Phase geht es darum, Personen zu erkennen, die sich radikalisieren. Zu diesem Zweck beobachtet der Nachrichtendienst die Kommunikation in sozialen Medien und greift auf menschliche Quellen zurück.
Hotline nur mit mehr Ressourcen
Auch spontane Zeugenaussagen aus der Bevölkerung spielten eine Rolle, heisst es im Bericht. Geprüft wird nun, ob eine Hotline eingerichtet werden soll, über welche die Bevölkerung Hinweise melden kann. Frankreich und Deutschland haben zu diesem Mittel gegriffen.
Die Task Force hält fest, dass eine solche Hotline mit den Kapazitäten, die den zuständigen Stellen aktuell zur Verfügung stehen, nicht eingerichtet werden kann.
Eine Hotline führe unweigerlich zu einer Vervielfachung der Zahl an Spontanhinweisen. Erste Erfahrungen hätten gezeigt, dass sich nur ein geringer Teil der Informationen als relevant erwiesen. Dennoch müsse jedem Hinweis nachgegangen werden.
Polizisten sensibilisieren
Bereits in Gang sind Sensibilisierungsprogramme für Grenzwächter und Polizisten. Jeder Polizist sollte in der Lage sein, Anzeichen für eine Radikalisierung zu erkennen, heisst es im Bericht. Intensiviert hat der Nachrichtendienst ausserdem die «präventive Ansprache»: Er nimmt Kontakt auf mit Personen, die möglicherweise in ein Kriegsgebiet reisen wollen. Die Resultate solcher Gespräche seien insgesamt positiv, heisst es im Bericht.
Wenig unternommen hat die Schweiz dagegen bisher zur Radikalisierungsprävention. Eine Ausnahme bilde der Dialog des Bundes mit der muslimischen Gemeinschaft, der nach dem Ja zur Minarett-Initiative geführt worden sei, schreibt die Task Force. Sie empfiehlt, diesen Dialog wieder aufzunehmen. Als weitere mögliche Massnahme nennt sie Programme gegen Radikalisierung, wie es sie in anderen Ländern gibt. Diese beinhalten etwa Webseiten mit Gegenpropaganda.
Auf Flugpassagierdaten zugreifen
Um Dschihadisten an der Ausreise zu hindern, kann die Schweiz auf Basis des geltenden Rechts nur wenig tun. Sie sollte Interventionsmassnahmen mit diesem Ziel vorsehen, empfiehlt die Task Force.
So sollte sie etwa Dschihad-Sympathisanten zur verdeckten Registrierung im Schengener Informationssystem ausschreiben. Das neue Nachrichtendienstgesetz würde die rechtliche Grundlage dafür schaffen. Ausserdem sollte sich die Schweiz aus Sicht der Task Force dafür einsetzen, dass sie auf Flugpassagierdaten zugreifen kann, wie dies auf europäischer Ebene diskutiert wird.
Eine weitere mögliche Massnahme wäre der Entzug von Reisedokumenten. Diese Massnahme wird geprüft, doch äussert sich die Task Force skeptisch dazu. Der Entzug des Passes könne die Abreise in ein Konfliktgebiet nicht genügend wirksam verhindern.
Ausserdem handle es sich um einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit. Das mache ein Ausreiseverbot heikel, solange kein begründeter Anfangsverdacht vorliege. Auch könne die Verhinderung der Abreise dazu verleiten, auf heimischem Boden einen Anschlag zu verüben.
Kein systematisches Einreiseverbot
Als problematisch erachtet die Task Force auch die Forderung, Einreiseverbote gegen alle Personen zu verhängen, die in ein Konfliktgebiet gereist sind und Sympathien für die dschihadistische Sache bekunden. Das Problem werde damit lediglich in ein anderes Land verschoben, von wo aus der Reisende die Schweiz oder schweizerische Interessen immer noch gefährden könne, gibt sie zu bedenken.
Bei der Rückkehr setzt die Task Force auf Informationen von Fluggesellschaften. Bereits heute erhalten die Behörden von den Fluggesellschaften für gewisse Destinationen Daten von einreisenden Flugpassagieren. Geprüft wird nun die Anpassung der Liste der Abflughäfen.
Verhaftung oder Überwachung
Nach der Rückkehr werden Dschihadisten - sofern sie als solche erkannt wurden - entweder inhaftiert oder überwacht. Besteht ein ausreichender Tatverdacht auf Unterstützung oder Beteiligung an einer kriminellen Organisation, stellt die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl aus. Personen, die sich Organisationen wie dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen haben, droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Die Behörden verfügen laut der Task Force über gute Mittel um zu beurteilen, ob vom Rückkehrer eine Bedrohung ausgeht. Diese würden jedoch nicht systematisch eingesetzt, hält die Task Force fest. Noch wenig fortgeschritten sind in der Schweiz ausserdem Bemühungen, Rückkehrer zu deradikalisieren. Solche Programme seien heikel und aufwändig, aber erfolgversprechend, heisst es im Bericht. Derzeit werde eine Nutzen- und Machbarkeitsanalyse durchgeführt.
(jbo/sda)
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