Si. Sie sei schon etwas nervöser gewesen als gegen eine andere
Spielerin, als sie den Platz betreten habe, gestand Martina Hingis
nach ihrem 51-minütigen Auftritt. Verständlich, hatte Jelena Dokic
(WTA 31) ihr doch im vergangenen Jahr in Wimbledon mit dem 2:6, 0:6
in der Startrunde die wohl bitterste Abfuhr ihrer bisherigen
Profikarriere erteilt.
Die Nervosität war indes schnell verflogen. Martina Hingis fand
nach wenigen Games ihren Rhythmus und fuhr dort fort, wo sie am
vergangenen Sonntag in Filderstadt aufgehört hatte. Jener Triumph
habe ihr viel Selbstvertrauen gegeben, sagte die Ostschweizerin
nach ihrer beeindruckenden Vorstellung, in der sich zu ihren
gewohnten Stärken ein guter Service (6 Asse) gesellte. Sie habe
immer dann den Punkt gemacht, wenn es nötig gewesen sei. «Ich war
in der Lage, bei Spielständen von 30:30 beide oder so den 'Turbo'
einzuschalten», umschrieb Martina Hingis diese Fähigkeit.
Dass ihr das Zürcher Turnier in ihrer Titelsammlung noch fehlt,
verursacht bei Martina Hingis nicht zusätzlichen Druck. «Wenn ich
so weiterspiele wie zuletzt, habe ich sicher gute Chancen. Und
wenns erneut nicht klappen sollte, geht die Welt deswegen nicht
unter.»
Jelena Dokic, die in der dritten Partie gegen Martina Hingis zum
zweiten Mal -- nach dem Australian Open 1999 -- als Verliererin vom
Platz musste, bemängelte in ihrem Spiel, bei den wichtigen
Ballwechseln nicht ihr bestes Tennis gespielt zu haben. «Wenn mir
dies gelungen wäre, wäre vielleicht mehr dringelegen», resümierte
die 17-jährige gebürtige Jugoslawin.
Nicht viel fehlte, und die erste Gesetzte hätte bereits nach der
Startrunde die Koffer packen müssen. Die als Nummer 6 eingestufte
Jennifer Capriati (WTA 16) schlug in der bislang längsten Begegnung
des Turniers (2:15 Stunden) die mit einer Wildcard ins Hauptturnier
gekommene Lina Krasnorutskaja nach vier abgewehrten Matchbällen
5:7, 6:3, 7:6 (8:6). Die Floridanerin sorgte dennoch für einen
unrühmlichen Schlusspunkt. Sie verweigerte der erst 16-jährigen
Russin nach der abwechslungsreichen, attraktiven und vor allem
gegen Ende ungemein spannenden Partie den Händedruck. «Das habe ich
in meiner zehnjährigen Karriere noch nie gemacht», sagte die
Amerikanerin später und begründete ihr Versäumnis mit dem
«zeitweise schlechten Benehmen» ihrer Gegnerin. Lina Krasnorutskaja
ihrerseits war sich indes (zu Recht) keiner Schuld bewusst...
Trotz der knappen Niederlage deutete die in der Ukraine geborene
Lina Krasnorutskaja an, dass sie dereinst zu den «Grossen» im
Frauentennis gehören könnte. Im Ranking nimmt die seit dem French
Open von der früheren Doppel-Spezialistin Larisa Neiland gecoachte
Junioren-Weltmeisterin zur Zeit noch Position 113 ein.
Einen Matchball (bei 4:5 im dritten Satz) hatte auch Magdalena
Maleeva abwehren müssen, bevor sie sich mit 6:7 (5:7), 6:2, 7:6
(7:4) gegen die Belgierin Dominique van Roost doch noch
durchsetzte.
Schon vor ihrem ersten Auftritt von heute Mittwoch sorgte Anna
Kurnikowa für Wirbel -- für einmal allerdings ungewollt: Die Russin
und ihre Mutter wurden auf dem Trainingsplatz und in der Hotellobby
von einem Reporterteam des französischen TV-Senders M6 belästigt.
Die drei Franzosen hatten trotz ausdrücklichem Verbot der WTA und
von Turnierorganisator Octagon versucht, die 19-Jährige zu
interviewen. Dem Trio wurde daraufhin die Akkreditierung entzogen.
Zudem hatten die drei das Turnierhotel innert einer Stunde zu
verlassen.
(sda)