Tennis: Myskina schreibt Tennis-Geschichte

publiziert: Sonntag, 6. Jun 2004 / 09:43 Uhr

Paris - Am Australian Open war sie noch ausgerastet. In Paris marschierte Anastasia Myskina ruhig und selbstsicher zum ersten Grand-Slam-Titel. "Ich kann immer noch nicht fassen, was ich geschafft habe", so Myskina.

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Als sie fast anderthalb Stunden nach dem verwandelten Matchball vor die Presse trat, hatte Myskina immer noch Hühnerhaut.

"In Paris zu gewinnen, war einer meiner Träume. Es schüttelt mich immer noch vor Freude", so die 22-jährige Moskauerin, die dank ihrer solider Schläge und der Fähigkeit, auch in grösster Bedrängnis die Bälle in die Ecken platzieren zu können, im Endspiel nie in Bedrängnis geriet.

Zu den Siegern des russischen Finals gehörte auch ein Deutscher. "Natürlich habe ich immer gewusst, dass Anastasia (Myskina) ein Grand-Slam-Turnier gewinnen kann", meinte Myskinas Coach Jens Erlach.

"Ich habe zeitweise sogar mehr daran geglaubt als sie selber. Wir haben oft auch darüber gesprochen, es war ein grosses Ziel." Beim Australian Open vor fünf Monaten hatte noch nichts auf Myskinas Durchbruch hingedeutet.

In Melbourne hatte sie gegen Kim Clijsters auch ihren dritten Viertelfinal verloren und sich auf dem Platz daneben benommen und ihren Coach beschimpft.

"Ich habe mich gebessert", sagt Myskina, "ich weiss jetzt, dass Wutausbrüche nicht helfen. In Australien habe ich mehr mit mir selber als mit anderen geschimpft. Ich bin seither vor allem professioneller geworden."

"Hasse den Aufschlag!"

Myskina kam mit der emotionalen Situation viel besser zurecht als Jelena Dementjewa, obwohl sie vor dem Spiel aus Nervosität noch hatte weinen müssen. Während des Spiels bekam indessen Myskinas Gegnerin den Horror. Ihr unterliefen zehn Doppelfehler (!) und 33 weitere vermeidbare Fehler.

Die Fehlerorgie provozierte bei 1:6, 2:4 einen dementjewschen Wutausbruch: "Ich hasse meinen Aufschlag", schrie sie nach dem Doppelfehler Nummer 9. Als Dementjewa später ihre Aufschlagmisere erklären sollte, brach sie weinend zusammen: "Ich hasse den Aufschlag wirklich. Ich kann ihn einfach nicht. Ich kann nicht servieren..."

Zu nervös sei sie gewesen, meinte Dementjewa. "Mein ganzes Leben lang habe ich auf diesen Moment gewartet, und als der Tag gekommen war, konnte ich mit dem Druck nicht umgehen. Meine Konzentration war nicht da. Ich habe die Bälle nicht gut gesehen. Und ich habe mich nicht aufhalten können. Ich habe während des gesamten Spiels nicht einmal etwas anderes probiert."

Osteuropäischer Trend

Myskinas erster grosser Sieg erfolgte nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie hat vor Roland-Garros schon sieben Turniere gewonnen, davon sechs in den vergangenen anderthalb Jahren.

In der Profiära, die 1968 begann, ist Myskina erst die dritte Spielerin, die nach abgewehrtem Matchball ein Grand-Slam-Turnier gewann. Im Achtelfinal beim 1:6, 6:4, 8:6 gegen Swetlana Kusnezowa hatte sie einen Matchball abwehren müssen (bei 5:6 im dritten Satz).

Trotz des einseitigen Finals - das French Open 2004 könnte eine neue Ära einläuten. Die hohen Preisgelder verfehlen im Osten ihre Wirkung nicht; junge Russinnen und Osteuropäerinnen drängen nach vorne.

Dieser Trend wurde auch im Juniorinnen-Turnier ersichtlich, wo zwei Russinnen die Viertelfinals erreichten und eine Bulgarin gegen eine Ukrainerin den Final bestritt.

Dabei ist Tennis in Russland und Osteuropa noch längst kein Breitensport. Die Industrie produziert keine Ausrüstungen; es existieren in Russland bloss 81 Klubs in 44 Städten.

Die russische Tennisfamilie ist klein, aber fein. So ist es nicht erstaunlich, dass Myskina und Dementjewa als Kinder beim TC Spartak gegeneinander um Pizzas gespielt haben. Die erste Trainerin der beiden war Rauza Safina, die Mutter von Marat Safin und Dinara Safina.

(von Rolf Bichsel/Si)

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