Terror-Geiselnahme als Zuckerwatte?

publiziert: Freitag, 29. Jul 2005 / 07:29 Uhr

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Im Buch "Krieg der Welten" von H.G.Wells muss ein Engländer tatenlos zusehen, wie eine unbekannte Macht London bombardiert. Im Film vom Steven Spielberg wird aus dem gefassten Engländer ein verstörter Amerikaner, der am Ende den Aliens mit militärischem Beistand zu Leibe rückt.

Etwas geschieht mit einem Stoff, wenn Spielberg ihn anpackt. Zuerst einmal verwandelt er sich in Kino-Kassengold. Dann aber bekommt ein Stoff auch den Beigeschmack von Zuckerwatte. Die Ankündigung, dass Steven Spielberg das Buch "Vengeance" (Rache) verfilmen will, hat die jüdische Welt zu verfrühter Kritik verleitet. Man fürchtet, dass Spielberg – ein "moderner" Jude – auch diesen Stoff mit der einen Hand zwar in Gold verwandeln kann, mit der anderen aber wattieren wird.

Dass der Titel von "Vengeance" auf "Munich" geändert wurde, ist ein erster Hinweis, dass Befürchtungen gerechtfertigt sein könnten. "München" behandelt die Geschehnisse der Olympiade 1972, das Massaker an 11 israelischen Athleten.

In einer Dramatisierung der Ereignisse verfolgt der Regisseur, der gleichzeitig sein Produzent ist, die Taten der geheimen israelischen Einheit, die die mutmasslichen Täter aufspürt: 11 Palästinenser.

Dass dieses Thema Zündstoff hat, liegt auf der Hand. Spielberg, für den der Begriff "Hollywoods Wunderkind" mittlerweile zu alt, ist erfahren genug, zu wissen, dass das Massenmedium Kino Zünglein an der Waage am Balanceakt zwischen Israel und Palästina sein kann. Jüdische Kreise haben wenig Interesse daran, das Thema überhaupt auf der Leinwand zu sehen, etwa die irrtümliche Erschiessung eines Kellners.

Dass man keine Geschichtsstunde abhalten, sondern Geld verdienen will, zeigt schon die Besetzung: Eric Bana, Schwertkämpfer aus "Troya", gibt den Mossad-Agenten.

Eben hat die US-Filmindustrie eine Liste ihrer bedeutendsten Regisseure erstellt. Spielberg führt sie an. Wären die Kriterien rein kommerziell, er hätte es verdient. Wie kein Zweiter hat er einen Riecher für Zeitgeist bewiesen. Orientiert hat er sich dabei bezeichnenderweise stets an der Vergangenheit.

Anders als seine Mitbewerber wusste Steven immer, wann das gegenwärtige Publikum bereit ist für Vergangenheitsbewältigung. "Nazis – ich hasse diese Kerle", lässt Spielberg Indiana Jones sagen, und die Nazis sind als schrille Bösewichter in diesen Abenteuerfilmen der Wirklichkeit entrückt.

Der Zeitpunkt war damals noch nicht reif für "Schindlers Liste". Als erste Fotos Spielberg im nachgebauten KZ zeigten, hielten das viele für einen geschmacklosen Scherz. Wie sollte ein Filmemacher mit einem ausgeprägten Hang zur Verniedlichung dem Holocaust gerecht werden?

Man hat die Ernsthaftigkeit Spielbergs stets unterschätzt. Spielberg ist aber nicht nur Künstler, sondern auch Geschäftsmann. In seinem Holocaust-Film stand nicht die Vernichtung der Juden im Vordergrund, sondern die Errettung durch einen Deutschen. In "Saving Private Ryan", den Kriegswahnsinn anprangernd, wurde der Opfertod mit Vaterlandsstolz gleichgesetzt. Und in "Amistad" war nicht die Versklavung der Schwarzen Thema, sondern deren Befreiung durch Weisse. Der kommerziellste Regisseur aller Zeiten wird einen Kompromiss finden, auch "München" als für beide Seiten annehmbar zu erzählen.

Das Startdatum ist gesetzt: 23. Dezember. Den haben sich die Filmverleiher schon des Öfteren für einen Spielberg-Film freigehalten. Freilich hat es sich damals meist um zuckersüsse Weihnachtsware gehandelt.

(von Roland Schäfli/news.ch)

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