Flüchtlinge

Teure Fahrt auf führerlosem Frachtschiff «Ezadeen»

publiziert: Sonntag, 4. Jan 2015 / 17:05 Uhr
Das Frachtschiff «Ezadeen» war ohne Kapitän unterwegs. (Symbolbild)
Das Frachtschiff «Ezadeen» war ohne Kapitän unterwegs. (Symbolbild)

Corigliano - Die Flucht auf dem alten Frachtschiff «Ezadeen» haben sich syrische Flüchtlinge teuer erkaufen müssen. Für die gefährliche Überfahrt auf dem am Schluss führerlosen Schiff gaben sie der Schlepperbande bis zu 8000 Dollar pro Person.

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Die 360 Flüchtlinge an Bord des vor der italienischen Küste aus Seenot geretteten Schiffs hätten zwischen 4000 bis 8000 Dollar an die Schlepper gezahlt, sagte der Präfekt von Cosenza, Gianfranco Tomao, am Samstag. Die wenige Tage zuvor geretteten fast 800 Flüchtlinge des ebenfalls führerlosen Frachters «Blue Sky M» hatten bis zu 5500 Dollar bezahlen müssen.

Im Nachgang zur Rettung des Frachters «Ezadeen» blieb unklar, ob die Besatzung und die Schmuggler das Schiff verlassen oder sich unerkannt unter die Flüchtlinge gemischt hatten. Cosenzas Präfekt Tomao sagte, die aus Syrien stammenden Flüchtlinge seien über Libanon per Flugzeug in die Türkei gereist, wo sie an Bord der «Ezadeen» gingen.

Die Flüchtlinge wurden am Samstag auf verschiedene Aufnahmezentren in Kalabrien verteilt, nachdem die «Ezadeen» am späten Freitagabend in den Hafen von Corigliano Calabro geschleppt worden war.

Die Behörden waren am Freitagabend auf den rund 50 Jahre alten Viehtransporter aufmerksam geworden, als dieser rund 150 Kilometer vor der süditalienischen Küste ohne Treibstoff und Elektrizität im Meer trieb. Eine Frau alarmierte über Funk die italienische Marine, nachdem die Besatzung die Brücke verlassen hatte.

Nachdem ein isländisches Patrouillenboot wegen der rauen See nicht an dem Frachter hatte festmachen können, seilten sich sechs Mitglieder der Küstenwache auf das Schiff ab und übernahmen die Kontrolle. Als es schliesslich in den Hafen geschleppt wurde, fanden die Behörden 232 Männer, 54 Frauen und 74 Kinder an Bord.

Kapitän mischte sich unter Flüchtlinge

Erst zwei Tage zuvor hatte die italienische Küstenwache den führerlosen Frachter «Blue Sky M» aufgegriffen, als er mit fast 800 syrischen Flüchtlingen auf die italienische Küste zusteuerte. Die Zeitung «La Reppublica» berichtete am Sonntag über die Fahrt des Schiffs. Sie berief sich dabei auf das Polizeiverhör des Schiffskapitäns, einen 36-jährigen syrischen Flüchtling, der von den Schleusern nach eigenen Angaben für 15'000 Dollar für die Fahrt angeheuert worden war.

Laut «Repubblica» sagte der Mann nach seiner Festnahme am Mittwoch in der süditalienischen Hafenstadt Gallipoli aus, die Flüchtlinge seien an Bord gebracht worden, als das Schiff vor dem türkischen Hafen Mersin vor Anker lag. Weder die türkischen noch die griechischen Behörden hätten das Schiff inspiziert, als es auf dem Weg nach Italien wegen der rauen See Schutz in einer Bucht an der Küste Griechenlands suchte, sagte der Syrer.

Der ausgebildete Schiffskapitän, der selbst aus Syrien geflohen war und seine Familie an Bord hatte, setzte nach eigener Aussage den Frachter mit sechs Knoten auf Kurs in Richtung Italien. Dann verliess er mit seinen drei Crewmitgliedern die Brücke, um sich unter die Flüchtlinge zu mischen.

Türkei und Griechenland in der Pflicht

Angesichts der geänderten Vorgehensweise der Menschenschmuggler, die nun auf grosse Frachter setzten, wachse der Druck auf Länder wie die Türkei und Griechenland. Dies sagte Carlotta Sami, Sprecherin der UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR für Südeuropa, der Zeitung «La Repubblica».

Seit Ende des italienischen Rettungseinsatzes «Mare Nostrum» im vergangenen Herbst kümmert sich die europäische Mission «Triton» um die Grenzsicherung in Küstennähe. Ihr stehen im Vergleich zum Einsatz «Mare Nostrum» weniger Mittel zur Verfügung.

Die EU verurteilte die neue Strategie der Schlepperbanden und versicherte, der Kampf gegen Menschenschmuggel werde auch 2015 zu einer der Prioritäten der EU-Einwanderungspolitik gehören.

(ww/sda)

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