Bilanz der Leichtathletik-WM in Edmonton
USA, Russland und Kenia sind Sieger der WM
publiziert: Montag, 13. Aug 2001 / 10:40 Uhr
Edmonton - Die angeblich verwelkende amerikanische Leichtathletik immer noch an der Spitze, die totgesagten Russen und Kenianer wieder auferstanden, die «hungernden» Kubaner wieder im Vormarsch, die geplagten Deutschen immer noch «dabei» und die Sportnation Frankreich (zweimal Bronze) ohne Aufwärtstrend: Die Leichtathletik-WM in Edmonton zeigten an der Spitze eine unerwartete Entwicklung.
Je 19 Medaillen eroberten im Westen Kanadas die Leichtathleten
der USA und jene Russlands; mit den Staffelsiegen in der
Schlussphase setzten sich die Amerikaner dank ihrer
Goldauszeichnungen an die Spitze: 9 Gold-, je 5 Silber- und
Bronzemedaillen gabs für die USA, 6/7/6 für die Russen.
Erstaunlich angesichts der Blössen, die sich die USA in traditionellen Sparten wie den flachen und den mit Hürden bespickten Viertelmeilen neuerdings geben.
Und ebenso erstaunlich die Wellenbewegung nach dem Untergang der Sowjetunion, die den russischen Verband wieder nach oben spülte.
Bei Olympia 2000 in Sydney lautete die Leichtathletik-Bilanz: USA 10/4/6, Russland 3/4/5, Äthiopien 4/1/3, Kenia 2/3/2, Grossbritannien 2/2/2, Deutschland 2/1/2.
Bei den WM 1999 in Sevilla (11/3/3) und 1997 in Athen (7/3/8) waren die USA ähnlich gut dran; die Russen hatten 1997 (1/3/3) ihren Tiefpunkt erreicht.
In ähnlichem Mass gings jetzt in den Mittel- und Langstrecken mit den Kenianern aufwärts, die dank Konzentration der Kräfte, harten Verbandsmassnahmen (WM-Ausschlüsse für Olympiasieger Noah Ngeny und Weltrekordlerin Tegla Loroupe) und besserer Taktik mit ihrer Ausbeute (3/3/1) den Äthiopiern wieder Paroli bieten konnten.
Deutschland (2/4/1) hatte in Edmonton etliche Enttäuschungen zu verarbeiten, konnte seine Position aber dank positiven Überraschungen (400-m-Zweiter Ingo Schultz aus dem B-Kader) sogar festigen.
Zur Gruppe der zweitstärksten Nationen mit Deutschland, Äthiopien und Kenia zählte auch Kuba, das trotz Problemen im Land immer wieder neue Kräfte mobilisiert und die «Alten» wie Pedroso und den diesmal nur viertplatzierten Sotomayor bei der Stange hält.
Doping überall? Ohne WADA gehts nicht
Diese Kräfteverhältnisse sind allerdings sehr labil und möglicherweise gezinkt: Solange der Dopingmissbrauch nicht effizient unterbunden wird, ergeben Sportarten wie die Leichtathletik ein trügerisches Bild.
Die halbe Welt stürzte sich in Edmonton auf die EPO-verdächtige russische Weltmeisterin Olga Jegorowa; ihre Rivalin Gabriela Szabo (Rum) sprach von «Robotern, die ich nicht besiegen kann».
Aber wer galt in den letzten Jahren in Fachkreisen als vermutlich gedopter Roboter?
Gabriela Szabo, die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin, die der Konkurrenz so leichtfüssig davonhuschte.
Wer ist gedopt und wer nicht? Niemand weiss es genau. Jene, die es wissen könnten, wollen es nicht mit letzter Konsequenz herausfinden. Abgesehen von EPO: Wenn einmal Wachstumshormone nachzuweisen sind, werden reihenweise Spitzenleute von der Szene verschwinden! Die von dem unter Druck gesetzten IOC in die Welt gepresste Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ist dringend gefordert, um auch in der Leichtathletik Ordnung zu schaffen.
Charismatiker fehlen
Vielleicht hängts auch an den verschärften Dopingkontrollen, dass keine Faszination mehr von Figuren wie Carl Lewis und Michael Johnson ausgeht, nachdem Maurice Greene (beim 100-m-Sieg verletzt) und selbst Marion Jones trotz zwei Gold- und einer Silbermedaille nur noch als Schatten aus der Zeit ihrer grössten Tage daherkommen.
Wohl haben Haile Gebrselassie (Äth, 10 000 m) und Lars Riedel (De, Diskus) ihre sechsten WM-Medaillen gewonnen, wohl wurde Jan Zelezny (Tsch, Speer) zum vierten Mal Weltmeister, doch seine Leistung entsprach nicht jenen früherer Jahre.
Wie bei Olympia 2000 in Sydney und den WM 1997 in Athen fiel in Edmonton kein Weltrekord (1999 in Sevilla gabs zwei). Auch hier die Frage: Auswirkung der Dopingkontrollen?
Insgesamt wurden in Edmonton 21 Jahres-Weltbestleistungen (10 Männer, 11 Frauen) aufgestellt; dazu kamen 4 Kontinental-Rekorde, darunter als einziger europäischer jener von Swetlana Feofanowa (Russ) in der Entwicklungsdisziplin Stabsprung mit 4,75.
«Deadmonton» übertrieben
Der den WM in Edmonton von einem britischen Blatt verliehene Titel «Deadmonton» (Wortspiel: totes Edmonton) ist gewiss übertrieben. Dennoch hätten ein paar kanadische Spitzenathleten der mässig besuchten Veranstaltung gut getan.
Wie begeisterungsfähig die Kanadier sein können, zeigten sie, sobald ein Landsmann in einem Vorlauf auch nur den Hauch einer Chance hatte. Das Land der vom abtretenden Olympiasieger Donovan Bailey angeführten grossen Sprinter weist einen 5. WM-Rang als Bestergebnis auf.
Dabei eroberten nicht weniger als 42 Nationen Medaillen, worunter (im 20. Rang der Medaillenwertung) die Schweiz dank 800-m- Weltmeister André Bucher.
64 Nationen hatten mindestens einen echten Finalplatz (unter ersten 8). In dieser Wertung liegt die Schweiz auf Rang 35; ausser Bucher konnte niemand etwas dazu beitragen.
Die Organisation der leichtathletisch weitgehend unbefleckten Kanadier war erstaunlich gut. Weniger die Leistung der japanischen Zeitmessung Seiko, die nach dem Debakel bei den Schwimm-WM in Fukuoka erneut ärgerliche Schwächen zeigte. Ohne in Patriotismus zu verfallen: Swatch Timing ist routinierter, schneller und präziser.
Erstaunlich angesichts der Blössen, die sich die USA in traditionellen Sparten wie den flachen und den mit Hürden bespickten Viertelmeilen neuerdings geben.
Und ebenso erstaunlich die Wellenbewegung nach dem Untergang der Sowjetunion, die den russischen Verband wieder nach oben spülte.
Bei Olympia 2000 in Sydney lautete die Leichtathletik-Bilanz: USA 10/4/6, Russland 3/4/5, Äthiopien 4/1/3, Kenia 2/3/2, Grossbritannien 2/2/2, Deutschland 2/1/2.
Bei den WM 1999 in Sevilla (11/3/3) und 1997 in Athen (7/3/8) waren die USA ähnlich gut dran; die Russen hatten 1997 (1/3/3) ihren Tiefpunkt erreicht.
In ähnlichem Mass gings jetzt in den Mittel- und Langstrecken mit den Kenianern aufwärts, die dank Konzentration der Kräfte, harten Verbandsmassnahmen (WM-Ausschlüsse für Olympiasieger Noah Ngeny und Weltrekordlerin Tegla Loroupe) und besserer Taktik mit ihrer Ausbeute (3/3/1) den Äthiopiern wieder Paroli bieten konnten.
Deutschland (2/4/1) hatte in Edmonton etliche Enttäuschungen zu verarbeiten, konnte seine Position aber dank positiven Überraschungen (400-m-Zweiter Ingo Schultz aus dem B-Kader) sogar festigen.
Zur Gruppe der zweitstärksten Nationen mit Deutschland, Äthiopien und Kenia zählte auch Kuba, das trotz Problemen im Land immer wieder neue Kräfte mobilisiert und die «Alten» wie Pedroso und den diesmal nur viertplatzierten Sotomayor bei der Stange hält.
Doping überall? Ohne WADA gehts nicht
Diese Kräfteverhältnisse sind allerdings sehr labil und möglicherweise gezinkt: Solange der Dopingmissbrauch nicht effizient unterbunden wird, ergeben Sportarten wie die Leichtathletik ein trügerisches Bild.
Die halbe Welt stürzte sich in Edmonton auf die EPO-verdächtige russische Weltmeisterin Olga Jegorowa; ihre Rivalin Gabriela Szabo (Rum) sprach von «Robotern, die ich nicht besiegen kann».
Aber wer galt in den letzten Jahren in Fachkreisen als vermutlich gedopter Roboter?
Gabriela Szabo, die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin, die der Konkurrenz so leichtfüssig davonhuschte.
Wer ist gedopt und wer nicht? Niemand weiss es genau. Jene, die es wissen könnten, wollen es nicht mit letzter Konsequenz herausfinden. Abgesehen von EPO: Wenn einmal Wachstumshormone nachzuweisen sind, werden reihenweise Spitzenleute von der Szene verschwinden! Die von dem unter Druck gesetzten IOC in die Welt gepresste Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ist dringend gefordert, um auch in der Leichtathletik Ordnung zu schaffen.
Charismatiker fehlen
Vielleicht hängts auch an den verschärften Dopingkontrollen, dass keine Faszination mehr von Figuren wie Carl Lewis und Michael Johnson ausgeht, nachdem Maurice Greene (beim 100-m-Sieg verletzt) und selbst Marion Jones trotz zwei Gold- und einer Silbermedaille nur noch als Schatten aus der Zeit ihrer grössten Tage daherkommen.
Wohl haben Haile Gebrselassie (Äth, 10 000 m) und Lars Riedel (De, Diskus) ihre sechsten WM-Medaillen gewonnen, wohl wurde Jan Zelezny (Tsch, Speer) zum vierten Mal Weltmeister, doch seine Leistung entsprach nicht jenen früherer Jahre.
Wie bei Olympia 2000 in Sydney und den WM 1997 in Athen fiel in Edmonton kein Weltrekord (1999 in Sevilla gabs zwei). Auch hier die Frage: Auswirkung der Dopingkontrollen?
Insgesamt wurden in Edmonton 21 Jahres-Weltbestleistungen (10 Männer, 11 Frauen) aufgestellt; dazu kamen 4 Kontinental-Rekorde, darunter als einziger europäischer jener von Swetlana Feofanowa (Russ) in der Entwicklungsdisziplin Stabsprung mit 4,75.
«Deadmonton» übertrieben
Der den WM in Edmonton von einem britischen Blatt verliehene Titel «Deadmonton» (Wortspiel: totes Edmonton) ist gewiss übertrieben. Dennoch hätten ein paar kanadische Spitzenathleten der mässig besuchten Veranstaltung gut getan.
Wie begeisterungsfähig die Kanadier sein können, zeigten sie, sobald ein Landsmann in einem Vorlauf auch nur den Hauch einer Chance hatte. Das Land der vom abtretenden Olympiasieger Donovan Bailey angeführten grossen Sprinter weist einen 5. WM-Rang als Bestergebnis auf.
Dabei eroberten nicht weniger als 42 Nationen Medaillen, worunter (im 20. Rang der Medaillenwertung) die Schweiz dank 800-m- Weltmeister André Bucher.
64 Nationen hatten mindestens einen echten Finalplatz (unter ersten 8). In dieser Wertung liegt die Schweiz auf Rang 35; ausser Bucher konnte niemand etwas dazu beitragen.
Die Organisation der leichtathletisch weitgehend unbefleckten Kanadier war erstaunlich gut. Weniger die Leistung der japanischen Zeitmessung Seiko, die nach dem Debakel bei den Schwimm-WM in Fukuoka erneut ärgerliche Schwächen zeigte. Ohne in Patriotismus zu verfallen: Swatch Timing ist routinierter, schneller und präziser.
(Peter A. Frei/sda)
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