Anschuldigung von Amnesty International

Verdient das syrische Regime an Verschleppten?

publiziert: Donnerstag, 5. Nov 2015 / 07:10 Uhr
Schwierige Situation in Damaskus. (Symbolbild)
Schwierige Situation in Damaskus. (Symbolbild)

London/Damaskus - Im syrischen Bürgerkrieg terrorisiert das Regime sein Volk nicht nur mit Bombardements. Es würden auch gezielt Menschen entführt, beklagt Amnesty International. Damit wolle die Regierung Oppositionelle ausschalten, aber auch Geld verdienen.

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Seit 2011 habe das Syrische Netzwerk für Menschenrechte mindestens 65'000 verschwundene Menschen dokumentiert, davon 58'000 Zivilisten, teilte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in London mit.

«Das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Teil einer sorgfältig geplanten Kampagne, die im Land Terror verbreiten und jeden Anflug von Widerspruch im Keim ersticken soll», wird Philip Luther, der bei Amnesty für den Nahen Osten und Nordafrika zuständig ist, in einem AI-Communiqué zitiert. Demnach werden Oppositionelle, aber auch Journalisten, Ärzte und humanitäre Helfer verschleppt.

«Die Entführten werden meist in überfüllten Zellen unter entsetzlichen Bedingungen festgehalten», heisst es in dem knapp 70 Seiten langen Bericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Viele sterben demnach an den Folgen von Folter und Krankheit oder werden ohne Prozess hingerichtet.

«Goldesel» für die Regierung

Besonders stossend sei, dass das Regime in den letzten Jahren zunehmend auch finanziellen Profit aus der Praxis des Verschwindenlassens gezogen habe. Inzwischen bestehe ein Netz von Mittelsmännern und Händlern mit engen Kontakten zum Regime, die den Angehörigen für Beträge zwischen einigen hundert und mehreren zehntausend US-Dollar Informationen über den Verbleib oder den Tod von Verschwundenen verkaufen.

Da Nachforschungen auf eigene Faust sehr gefährlich seien, hätten die Angehörigen keine andere Wahl, auch wenn regelmässig falsche Informationen verkauft würden. Amnesty zitierte einen Anwalt aus Damaskus, demzufolge die Bestechungsgelder ein «Goldesel» für die Regierung seien.

Netz von grauenvolle Haftanstalten

Die Studentin Ranim Matuk wurde dem Bericht zufolge im Februar 2014 festgenommen und vier Monate lang festgehalten, zwei Monate lang wusste ihre Familie nicht, ob sie noch lebte. Ihr Vater, ein Menschenrechtsanwalt, ist bereits im Oktober 2012 verschwunden.

Die Studentin berichtete von Schlägen, tödlicher Folter und Vergewaltigung im Gefängnis, wo sie mit neun anderen Frauen in einer zweimal zwei Meter grossen Zelle voller Insekten gefangen gewesen sei.

«Unsere Zelle hatte ein kleines Fenster und wir konnten Leichen in den Fluren und in den Bädern liegen sehen», berichtete sie. Es seien auch Kinder im Alter von zehn bis 15 Jahren unter den Toten gewesen.

Die Zahnärztin Rania al-Abbasi wurde laut Amnesty im März 2013 gemeinsam mit ihren sechs Kindern im Alter von zwei bis 14 Jahren verschleppt, seitdem ist die Familie spurlos verschwunden.

Internationalen Strafgerichtshof einschalten

Der Architekturstudent Islam Dabbas, der friedliche Proteste organisiert hatte, wurde im Juli 2011 festgenommen. 2012 konnte seine Familie ihn besuchen. Seitdem antworteten die Behörden auf Anfragen, sie hätten den jungen Mann nicht mehr in Gewahrsam und wüssten nicht, wo er sei.

Amnesty International forderte die Vereinten Nationen auf, die Taten vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen und das syrische Regime mit Sanktionen unter Druck zu setzen. Eine wichtige Rolle könne Russland spielen, da Machthaber Baschar al-Assad von der Unterstützung des Kreml abhängig sei.

(bert/sda)

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