Viduka vs. Saviola

publiziert: Mittwoch, 10. Mai 2006 / 00:03 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 10. Mai 2006 / 11:41 Uhr

Im UEFA-Cup-Final duellieren sich keine europäischen Schwergewichte.

Middlesbrough und der FC Sevilla besitzen gleichwohl ausreichend interessantes Personal und damit die Qualität, in Eindhoven heute ein spektakuläres Endspiel zu bieten.

Eine Woche vor dem Gipfel mit Arsenal und dem FC Barcelona kommt es zum ersten Vergleich zweier Vertreter der gegenwärtig wohl besten Ligen. Weder mit «Boro» noch mit Sevilla hatten die Experten in erster Linie kalkuliert, beide zählten sie nur zum Kreis der Aussenseiter, beide vermieden sie das Out im Halbfinal nur knapp.

Allen voran Middlesbrough rückte mit zwei nicht für möglich gehaltenen Aufholjagden gleich zweimal in den Brennpunkt. Im Viertelfinal lagen die Engländer gegen den FC Basel in der Gesamtrechnung 0:3 zurück, als die Engländer den Schweizer Titelhalter mit vier Treffern in Serie regelrecht überrollten. Im Heimspiel gegen Steaua Bukarest wiederholte die Mannschaft von Coach Steve McClaren das Kunststück. Wieder begeisterte «Boro» seinen Anhang, wieder beförderte der italienische Joker Massimo Maccarone den Ball unmittelbar vor dem Schlusspfiff ein viertes Mal ins Netz.

Im Winter hatte nichts auf ein womöglich glorioses Saisonende hingedeutet. Die nicht sonderlich prominente, aber teure Auswahl aus dem trostlosen 140 000-Einwohner-Ort im Nordosten der Insel näherte sich im bedrohlichen Tempo der Relegationszone. Mitte Januar liess sich Middlesbrough in London von Arsenal wie eine Junioren-Mannschaft vorführen. Dem 0:7 folgte zwei Wochen später ein 0:4-Heimdebakel gegen Aston Villa. Ein aufgebrachter Supporter stürmte nach dem abermals miserablen Auftritt über den Rasen und schleuderte McClaren das Saisonabonnement mitten ins Gesicht.

Vidukas Gesichter

Nur im internationalen Geschäft hielt sich «Boro», das in England ausser dem verhältnismässig unbedeutenden Liga-Cup (2004) nichts gewonnen hat, einigermassen schadlos. Welche Urkraft und Klasse, aber eben auch Unkonstanz das Team prägt (und lähmt), legte McClarens Auswahl in den Heimspielen gegen Basel und Steaua dar. Einer, der alle Facetten vereint, ist Mark Viduka -- der 30-jährige Captain der australischen Nationalmannschaft. Phasenweise personifiziert der begnadete Stürmer die unbegrenzte Lustlosigkeit und wurde deswegen im eigenen Lager teils hart kritisiert.

Und dann kursierte vom umstrittenen Viduka nach dem Steaua-Rückspiel die Geschichte, er habe sich in der Halbzeitpause mit einer flammenden Rede an seine Mitspieler gewandt, noch ehe McClaren in der Kabine erschienen war. «Es waren die inspirierendsten Dinge, die ich je gehört habe», fasste «Copain» George Boateng Vidukas spontanen Appell zusammen. Der «Guardian» kommentierte, der Aussie sei ein Mann mit zwei Gesichtern - «oder mehreren».

Die Zeitung spielte nicht nur auf seine launische Seite an. Vor ein paar Jahren hatte sich Viduka im schottischen Cup geweigert, das Spiel für Celtic in der zweiten Halbzeit fortzusetzen. Beim Abschied von McClaren -- er wird nach der WM Sven-Göran Eriksson als Coach der englischen Nationalmannschaft ablösen -- ist mit keiner weiteren Episode zu rechnen. Vidukas Form stimmt. 16 Treffer hat er in dieser Saison geschossen, 6 im UEFA-Cup.

Saviolas Relaunch

Im Kader des Herausforderers herrschte während der gesamten Meisterschaft mehr Ruhe. Der FC Sevilla hielt in der europäischen Top-Liga mit den Tenören mit. Platz 5 dokumentiert die Konstanz der Andalusier zweifelsfrei. Im Sommer haben sie offenkundig die richtigen Personalentscheide gefällt. Der neue Coach Juan Ramos engagierte in Zusammenarbeit mit dem Management mit Frédéric Kanouté (Tottenham) und Javier Saviola (Barcelona) ein Sturmduo der gehobenen Kategorie.

Primär Saviola erlebte in Sevilla einen Relaunch der in Spanien nicht programmgemäss verlaufenen Karriere. 2001 empfingen sie «El Conejo» (das Häschen) beim ruhmreichen FC Barcelona mit offenen Armen. 22 Millionen Dollar überwies «Barça» für den argentinischen Junioren-Weltmeister an dessen Stammverein River Plate. Als elffacher Torschütze hatte der 1,68 m kleine Künstler die Gauchos fast im Alleingang zum begehrten U20-Titelgewinn geführt. Mit den Ansprüchen und Intrigen im FCB tat er sich hingegen schwer. Der Tod seines Vaters warf ihn vollends aus der Bahn.

Barcelona überliess das Super-Talent für ein paar Monate leihweise der AS Monaco. Dort fühlte sich Saviola ebenso wenig wohl wie später wieder in Katalonien. Sein Glück war wohl, dass Sevilla seinen Starspieler Julio Baptista an Real Madrid verkaufte. Im neuen Umfeld behauptete sich Saviola ohne Anlaufzeit und hat sich wohl einen Platz im WM-Aufgebot Argentiniens gesichert. An eine Rückkehr zum «Besitzer» in Barcelona denkt er nicht. «Ich will in Sevilla bleiben, weil sie mir hier das Vertrauen ausgesprochen haben», wurde er im spanischen Magazin «Don Balon» zitiert.

Der Weg der Finalisten:

Middlesbrough:

1. Runde: 2:0 (h) und 0:0 (a) gegen AO Xanthi (Grie). -- Gruppenphase: 1:0 gegen GC (a). 3:0 gegen Dnjepr Dnjepropetrowsk/Russ (h). 0:0 gegen Alkmaar/Ho (a). 2:0 gegen Litex Lovetsch/Bul (h). -- Zwischenrunde: 2:1 (a) und 0:1 (h) gegen den VfB Stuttgart. -- Achtelfinal: 1:0 (h) und 1:2 (a) gegen die AS Roma. -- Viertelfinal: 0:2 (a) und 4:1 (h) gegen den FC Basel. -- Halbfinal: 0:1 (a) und 4:2 (h) gegen Steaua Bukarest.

FC Sevilla:

1. Runde: 0:0 (h) und 2:0 (a) gegen Mainz. -- Gruppenphase: 3:0 (h) gegen Besiktas Istanbul. 1:2 (a) gegen Zenit St. Petersburg/Russ. 3:1 (h) gegen Vitoria Guimaraes/Por. 1:1 (h) gegen Bolton Wanderers/Eng. -- Zwischenrunde: 1:0 (a) und 2:0 (h) gegen Lokomotive Moskau. -- Achtelfinal: 0:1 (a) und 2:0 (h) gegen Lille/Fr. -- Viertelfinal: 4:1 (h) und 1:1 (a) gegen Zenit St. Petersburg. -- Halbfinal: 0:0 (a) und 1:1 n.V. (h) gegen Schalke 04.

SR des Finals 2006: Herbert Fandel (De)

Philips-Stadion. -- 20.45 Uhr.

Mögliche Startformationen.

Middlesbrough: Schwarzer; Parnaby, Riggott, Southgate, Queudrue; Parlour, Cattermole, Boateng, Rochemback, Downing; Viduka.

FC Sevilla: Palop; Alves, Navarro, Escudé, David; Marti; Navas, Maresca, Adriano; Kanouté, Saviola.

Alle bisherigen Finals:

1972: Wolverhampton Wanderers - TOTTENHAM HOTSPUR 1:2 und 1:1 1973: FC LIVERPOOL - Borussia Mönchengladbach 3:0 und 0:2 1974: Tottenham Hotspur - FEYENOORD ROTTERDAM 2:2 und 0:2 1975: BOR. MÖNCHENGLADBACH - Twente Enschede 0:0 und 5:1 1976: FC LIVERPOOL - FC Brügge 3:2 und 1:1 1977: JUVENTUS TURIN - Athletic Bilbao 1:0 und 1:2 1978: Bastia - PSV EINDHOVEN 0:0 und 0:3 1979: Roter Stern Belgrad - BOR. MÖNCHENGLADBACH 1:1 und 0:1 1980: Bor. Mönchengladbach - EINTRACHT FRANKFURT 2:3 und 0:1 1981: IPSWICH TOWN - AZ Alkmaar 3:0 und 2:4 1982: IFK GÖTEBORG - Hamburger SV 1:0 und 3:0 1983: ANDERLECHT - Benfica Lissabon 1:0 und 1:1 1984: Anderlecht - TOTTENHAM HOTSPUR 1:1 und 1:1 n.V., 3:4 n.P. 1985: Videoton Szekesfehervar - REAL MADRID 0:3 und 1:0 1986: REAL MADRID - 1. FC Köln 5:1 und 0:2 1987: IFK GÖTEBORG - Dundee United 1:0 und 1:1 1988: Espanyol Barcelona - BAYER LEVERKUSEN 3:0 und 0:3 n.V., 2:3 n.P. 1989: NAPOLI - VfB Stuttgart 2:1 und 3:3 1990: JUVENTUS TURIN - Fiorentina 3:1 und 0:0 1991: INTER MAILAND - AS Roma 2:0 und 0:1 1992: Torino - AJAX AMSTERDAM 2:2 und 0:0 1993: Borussia Dortmund - JUVENTUS TURIN 1:3 und 0:3 1994: Austria Salzburg - INTER MAILAND 0:1 und 0:1 1995: PARMA - Juventus Turin 1:0 und 1:1 1996: BAYERN MÜNCHEN - Girondins Bordeaux 2:0 und 3:1 1997: SCHALKE 04 - Inter Mailand 1:0 und 0:1 n.V., 4:1 n.P. 1998: Lazio Rom - INTER MAILAND in Paris 0:3 (0:1) 1999: Olympique Marseille - PARMA in Moskau 0:3 (0:2) 2000: Arsenal - GALATASARAY ISTANBUL in Kopenhagen 0:0 n.V., 1:4 n.P. 2001: FC LIVERPOOL - Alaves in Dortmund 5:4 (4:4, 3:1) n.V. 2002: FEYENOORD - Borussia Dortmund in Rotterdam 3:2 (2:0) 2003: Celtic Glasgow - FC PORTO in Sevilla 2:3 (2:2, 0:1) n.V. 2004: VALENCIA - Olympique Marseille in Göteborg 2:0 (1:0) 2005: Sporting Lissabon - ZSKA MOSKAU in Lissabon 1:3 (1:0) 2006: FC Middlesbrough - FC Sevilla in Eindhoven 20.45 Uhr

(von Sven Schoch/Si)

 
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