Volksinitiativen dürfen kein reines Propagandamittel sein

publiziert: Freitag, 3. Sep 2010 / 08:00 Uhr / aktualisiert: Montag, 6. Sep 2010 / 11:49 Uhr

Die Frage der Woche lautet: «Die Todesstrafeninitiative wurde nach grossem Mediengetöse zurück gezogen, bevor die erste Unterschrift gesammelt war, da das Ziel, Aufmerksamkeit zu ergattern, erreicht worden sei. Ist es statthaft, die Mechanismen der direkten Demokratie für solche Zwecke zu benutzen?» Heute der Beitrag von Michael Köpfli, Berner Stadtrat und Vorstandsmitglied der Grünliberalen Schweiz.

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Die jüngst lancierte Volksinitiative für die Wiedereinführung der Todesstrafe zeigte exemplarisch, dass eine Volksinitiative heute als kostengünstiges Propagandamittel missbraucht werden kann. Dies ohne dabei überhaupt die Absicht zu haben, jemals eine Volksinitiative zu erzwingen. Dies widerspricht ganz klar der Idee des demokratischen Instruments.

Mit ein Grund dafür ist die heutige Praxis, dass eine Initiative bei der Initiierung nur auf die formelle Zulässigkeit, nicht aber auf die Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht hin geprüft wird. In dem Punkt gibt es ganz offensichtlich Handlungsbedarf. Unterschriftensammlungen sollten erst dann gestartet werden, wenn auch feststeht, dass die Volksinitiative bei einem erfolgreichen Zustandekommen tatsächlich vor das Volk kommt. Alles andere ist ein Affront gegenüber den Initianten und den mindestens 100'000 Stimmberechtigten welche die Volksinitiative unterschrieben haben.

Es ist aber auch falsch, wenn Volksinitiativen, welche aufgrund von übergeordnetem Recht gar nicht umgesetzt werden könnten, formell zugelassen werden. Kurz nach dem Bekanntwerden der Volksinitiative für die Wiedereinführung der Todesstrafe war das Medienecho enorm. Dies obwohl sich zu diesem Zeitpunkt abgesehen von den wenigen Initianten noch kaum jemand für das Begehren stark gemacht hat und die Idee von keinem einzigen namhaften Politiker Zustimmung erfuhr. Es ist den Initianten gelungen, ihre Volksinitiative ohne eine einzige Unterschrift über Tage in den Medien zu platzieren und dies offensichtlich ohne überhaupt je die Absicht gehabt zu haben, tatsächlich mit der Unterschriftensammlung zu beginnen. Dies hätte eine vorherige Überprüfung der Volksinitiative wohl verhindert

Ich möchte mit diesem Beitrag kein ein Plädoyer für eine generell strengere Zulassung von Volksinitiativen aussprechen, Ungültigkeitserklärungen sollten immer sehr restriktiv gehandhabt werden. Wenn allerdings zweifelsfrei feststeht, dass eine Volksinitiative mit zwingenden übergeordneten Rechtsnormen nicht zu vereinbaren ist und deshalb gar nie umgesetzt werden könnte, sollte der Bund gar nie grünes Licht für eine Unterschriftensammlung geben und diese nicht erst nach dem erfolgreichen Zustandekommen für ungültig erklären.

 

 

(von Michael Köpfli/news.ch)

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