«Vor allem ideologische Feindbilder fichiert»

publiziert: Donnerstag, 8. Jul 2010 / 12:15 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 8. Jul 2010 / 12:48 Uhr

Die Frage der Woche lautete: Hat die Schweiz einen neuen Fichenskandal? Heute der Beitrag von Cédric Wermuth, dem Vorsitzenden Der Jusos der Schweiz.

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Der Inlandgeheimdienst hast wieder über 200'000 Personen registriert – ein Grossteil davon aus völliger Belanglosigkeit. Daten wurden offensichtlich auf Vorrat gesammelt und nicht mehr überprüft. Damit das nicht rauskommt, wurde das System offensichtlich mit falschen Informationen gefüllt. Claude Janiak, Präsident der zuständigen Kommission von National- und Ständerat, spricht von einem „strafrechtlich grenzwertigen“ Verhalten.

Was Janiak als Präsident der GPDel etwas schönfärberisch ausdrückt heisst nichts anderes, als, dass wir es hier mit einem handfesten Skandal zu tun haben. Was nach der Fichenaffäre der 90er Jahre (dabei wurden über 1 Million Menschen vom Inlandgeheimdienst fichiert und teilweise auf Schritt und Tritt überwacht) nie mehr hätte passieren dürfen, ist trotzdem passiert: Der Geheimdienst hat sich selbständig gemacht, die Kontrolle hat vollständig versagt.

Wobei, genau genommen hat die Kontrolle nicht «versagt». Vielmehr hat es den damals zuständigen Bundesrat offensichtlich nicht interessiert, dass der Geheimdienst seine Kompetenzen überschreitet – oder er hat es sogar begrüsst. Schliesslich befinden sich unter den Fichierten vor allem ideologische Feindbilder wie Linke oder – schlimmer noch – Eingebürgerte. Der von der GPDel als mitverantwortlich bezeichnete Bundesrat ist niemand geringeres als SVP-Vorbeter Christoph Blocher.

Es ist schon immer wieder erstaunlich, wie dehnbar für die bürgerlichen Parteien FDP, CVP und SVP der Begriff «Datenschutz» ist. Wenn es ums Bankgeheimnis geht – also um die eigenen Millionen und die von den Abzockerfreunden – dann kann es gar nicht genug «Datenschutz» geben. Wenn es dann aber darum geht, dass der Bund völlig sinnlos die biometrischen Daten auf den neuen Pässen aller Bürger in einer zentralen Datenbank ablegen und sogar weitergeben will, dann stimmen FDP und CVP ohne mit der Wimper zu zucken zu. Und wenn wieder hunderttausende unbescholtene Bürger – darunter übrigens Spieler der U-17 Weltmeister – überwacht werden, dann ist das auch in Ordnung.

Der Fichenskandal mag Ausdruck einer Kalten-Kriegs-Mentalität in den Geheimdiensten sein. Das ist aber nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr eine bürgerliche parlamentarische Mehrheit, die sich lieber darum kümmert, die Boni ihrer Abzockerfreunde zu retten als sich für die BürgerInnen in diesem Land einzusetzen.

(von Cédric Wermuth/news.ch)

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