Vor der WM ausgepumpt

Seit sieben Wochen bin ich nun in Deutschland, erst in Dortmund, jetzt in Berlin. Kein Tag ist seither vergangen, ohne dass die beiden Grossbuchstaben WM nicht in einer Zeitung geschrieben, in einem Radiobeitrag gesprochen oder, und vor allem, in einer Werbung missbraucht wurden – wie vermutlich in anderen Ländern auch.

Schaufenster sind mit schwarz-weissen Sechsecken gepflastert, Werbeprospekte mit vermeintlich attraktiven dafür offensichtlich untalentierten Fussballern im Brasilien-Trikot besetzt, und in den Supermärkten werden WM-Brötchen, WM-Kinderwagen oder WM-Gewinnspiele angepriesen. Hauptsache, es steht WM drauf.

Alle mit von der Partie

Auch ich habe mich von diesem unsäglichen «Wir sind WM»-Fieber anstecken lassen, wollte von allen möglichen und unmöglichen Leuten wissen, ob sie sich denn auf die WM freuen, ohne mich wirklich auf ihre Antwort zu konzentrieren. Die WM als Gesprächsthema, die WM als Wundermittel für alles und jeden. Denn wer WM sagt, ist in diesen Tagen mit von der Partie – egal ob Sportler, Obdach- oder Ahnungsloser. Jeder macht irgendwie mit. Ich auch.

Zuweilen fühle ich mich wie in einer unendlich langen Vorbereitungsphase auf einen Lauf: Da arbeitest du wochenlang darauf hin, setzt dich mit dem Thema auseinander, freust dich zusammen mit Hunderten oder Tausenden auf den Anlass, und in den letzten Tagen vor dem Start fühlst Du Dich ausgepumpt, ohne jegliche Euphorie.

Die WM des Warmmachens ist zum Glück bald vorbei. Dass ich bis Freitag noch einmal so was wie Vorfreude entwickle, glaube ich nicht. Allerdings weiss ich, dass diese wunderbare Nervosität schon noch kommen wird – und wenn erst Sekunden vor dem Eröffnungsspiel.

Romano Paganini führt zusammen mit Felix Steinbild während der WM in Deutschland fünf Wochen lang für news.ch aus Berlin einen Weblog.

(Romano Paganini/news.ch)