Wasser - wessen Problem ist es eigentlich?

publiziert: Montag, 18. Jun 2012 / 12:00 Uhr / aktualisiert: Montag, 18. Jun 2012 / 14:24 Uhr
Nicolas Gruber ist Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich. Er war Podiumsgast beim ETH-Wassergespräch vom 11. Juni 2012.
Nicolas Gruber ist Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich. Er war Podiumsgast beim ETH-Wassergespräch vom 11. Juni 2012.

Eigentlich stand die Frage nach Wert und Preis des Wassers im Zentrum des Wassergesprächs an der ETH Zürich diesen Montag. Dieses war mit Peter Brabeck (VR Präsident Nestlé), Janet Hering (Direktorin Eawag) und Peter Niggli (Alliance Sud) als Redner hochkarätig besetzt. Aber je mehr ich über die Präsentationen und Diskussionen nachdenke, desto mehr stehen für mich andere Aspekte im Vordergrund.

Weiterführende Links zur Meldung:

ETH-Wassergespräch als Video
Das ETH-Wassergespräch vom 11. Juni 2012 ist als Video verfügbar.
multimedia.ethz.ch

Vielmehr als Wert und Preis des Wassers beschäftigen mich die Aussagen von sowohl Herrn Brabeck als auch Frau Hering, dass das Wasserproblem primär ein lokales Problem sei - und deshalb auch primär lokal gelöst werden müsse.

Ich bin hier dediziert anderer Meinung, insbesondere was die Landwirtschaft betrifft. Was sicher stimmt, ist, dass das Wasser eine lokale bis höchstens regionale Ressource ist, da es nur äusserst beschränkt über grössere Distanzen transportiert werden kann. Worin ich Herrn Brabeck ebenfalls zustimme, ist, dass die Landwirtschaft wenig haushälterisch mit der Ressource Wasser umgeht. Schwer zu denken gibt mir, dass jeder Mensch in der Schweiz durchschnittlich verantwortlich ist für den Verbrauch von jährlich 1600 Kubikmetern Wasser, und dass davon 81% auf die Landwirtschaft entfallen.

Womit ich aber ganz und gar nicht einverstanden bin, ist, dass das Problem ein nur lokales sei. Vielmehr meine ich, dass das Thema Wasser ein globales Problem ist - nur manifestiert sich das Problem primär lokal und weniger global.

«Cash crops» treiben Wasserverbrauch der Landwirtschaft in die Höhe

Ein Grund für meine Aussage ist die globale Nachfrage nach wasserverschwenderischen Agrarprodukten. Die Ausweitung der Bewässerungslandwirtschaft in aride und semiaride Gebiete ist mit ein wichtiger Treiber für die starke Zunahme des Wasserverbrauchs der Landwirtschaft. In solchen trockenen Gebieten werden nun sogenannte «Cash crops» produziert (ungefähr: «Bargeld-Pflanzen»). Diese landwirtschaftlichen Produkte (z.B. Spargeln, Erdbeeren, Trauben) sind nicht primär für den Heimmarkt bestimmt, sondern für den Export. Viele dieser Produkte brauchen grosse Mengen an Wasser, da die Pflanzen ursprünglich aus eher feuchteren Gebieten stammen. Damit konkurrenziert der Anbau dieser Produkte den Wasserbedarf von lokalen Nutzern. Aufgrund der relativ hohen Marge dieser Produkte können die Produzenten hohe Preise für das Wasser bezahlen oder, wo ein solcher Preis nicht existiert, ihren Bedarf durchsetzen.

Die Nachfrage nach diesen Produkten kommt von uns. Damit stehen auch wir hier in der Schweiz in der Verantwortung. Unsere Nachfrage nach Gemüse, Früchten und Beeren zu Jahreszeiten, wo unsere Landwirtschaft diese Produkte nicht liefern kann, treibt den Wasser-Fussabdruck der Landwirtschaft mit in die Höhe. Damit sollen die Produzenten der landwirtschaftlichen Produkte nicht aus der Pflicht genommen werden, denn auch diese müssen einen Beitrag leisten, um die Wassereffizienz der Landwirtschaft zu erhöhen. Auch die Effizienz im Gebrauch der bereits produzierten Lebensmittel muss verbessert werden. Zu diesen Punkten kann die ETH mit ihrer Forschung und Ausbildung viel beitragen.

Wasser-Fussabdruck eines Menschen ist Summe vieler Faktoren

Brabecks Aussage «Die Diskussion, ob wir in der Schweiz Avocado und Spargel aus Peru essen sollen, ist doch völlig absurd, solange sowieso ein Drittel unser Nahrungsmittel im Abfall landet» ist hingegen irreführend und falsch. Der Wasser-Fussabdruck eines Menschen ist die Summe aller Faktoren entlang der langen Kette vom Produzenten zum Verbraucher. Wenn man einen Faktor verbessert, dann verbessert man die Bilanz der ganzen Kette. Deshalb ist es sehr wohl entscheidend, woher unsere Lebensmittel kommen und wie sie produziert werden.

Aus der Logik eines Nahrungsmittelkonzernes ist aber klar, dass vor allem die Effizienzsteigerung des Wassereinsatzes in der Produktion im Vordergrund steht. Eine übergeordnete Sicht des Problems stellt hingegen die Frage in den Raum, ob wir tatsächlich all diese wasserverschwenderischen Produkte brauchen. Und damit sind wir wieder bei uns.

(Prof. Nicolas Gruber/ETH-Zukunftsblog)

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