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Waterloo der Dynastien

publiziert: Dienstag, 17. Mai 2005 / 10:09 Uhr

Nach jahrelanger militarischer Dominanz Napoleons auf dem europäischen Kontinent begann für ihn mit der Niederlage bei Waterloo der langsame Untergang. Dynastien kommen und gehen, manche gehen auch nach einigen Jahrzehnten unter. Sowohl in der Geschichte wie auch im Sport.

Kanada war eine sporthistorische Eishockey-Dynastie seit der Jahrhundertwende. Dass es ihnen nach dem verlorenen Finalspiel an der WM 2005 nach jahrelanger Regentschaft im Welthockey mit WM-Titeln, Olympiasiegen und World Cup-Erfolg ähnlich wie Napoleon ergehen sollte, muss man nicht befürchten.

Dazu sind keine Auflösungserscheinungen oder offensichtliche Fehlplanungen im Bereich Nachwuchs und Spitzeneishockey ersichtlich. Ganz im Gegenteil: Der Katzenjammer von 1998, als man in Nagano im Semifinal des Olympischen Eishockeyturniers im Penaltyschiessen das Finalspiel verpasste, wird sich nicht wiederholen.

Der Juniorenbereich ist seit einigen Jahren das Prunkstuck von Hockey Canada und garantiert einen sehr starke neue Generation. Die Tschechen haben es zudem vorgemacht, wie man einen Unterbruch einer "sportlichen Dynastie" überwindet: Nach ihrem WM-Hattrick zu Beginn des Jahrhunderts mussten sie auch einige Rückschläge erleiden und kamen dieses Jahr vehement mit dem WM-Titel an die absolute Weltspitze zurück.

Kanada und die tschechische Republik. Das sind die beiden Dynastien des aktuellen Jahrzehnts. Beide Mannschaften pflegen ein Hockey, welches durch die technische, taktische und physische Balance lebt. Es war demnach alles andere als ein Zufallsfinal.

Anders die Russen: Seit 1993 wartet die Sbornaja auf einen WM-Titel. Diese Dynastie erlebte seit Mitte der Neunziger einen Niedergang, der zweimal sogar in einen negativen Höhepunkt im Verpassen der Achtelfinals mündete. Dieses Jahr waren sie zum zweiten Male in den letzten 12 Jahren sehr nahe an einem WM-Titel. Dennoch ist Tatsache, dass Russland nun in die 13. Saison ohne WM-Erfolg geht und mit der längsten Erfolglosigkeit im modernen Eishockey einer ehemaligen Dynastie Sportgeschichte schreibt.

Dynastien kommen und gehen. Wenn aber während einer Dynastie trotz Euphorie Sorge zur Zukunft getragen wird und der Sinn für die Realität nicht vernebelt wird, besteht die Chance, dass man sich auch nach einem Rückschlag wieder auffangen kann. Die beiden Finalteilnehmer Tschechien und Kanada haben dies in den letzten Jahren eindrücklich bewiesen.

Working Press Basel-Montreal

(Von Joël Wüthrich)

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