Weltbank-Chef kämpft um seinen Job

publiziert: Samstag, 14. Apr 2007 / 10:36 Uhr

Washington - Jeder Satz scheint ihn derzeit unendlich Mühe zu kosten, die Ringe unter den Augen von Paul Wolfowitz sind tief. Zentnerschwer lastet die Affäre um die Beförderung seiner Lebensgefährtin Shaha Riza sichtlich auf dem Weltbank-Präsidenten.

Paul Wolfowitz: «Ich arbeite nicht für die US-Regierung.»
Paul Wolfowitz: «Ich arbeite nicht für die US-Regierung.»
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Wenn der 63-Jährige Entwicklungspolitik formuliert, klingt es wie abgespult, seine Gedanken sind woanders.

In den Gängen der Entwicklungsorganisation im Herzen Washingtons fragt man sich schon nicht mehr, ob er geht, sondern nur noch wann.

Die Personalvertretung hat bereits mit ihm gebrochen: Das Vertrauen sei zerstört, Wolfowitz möge «ehrenvoll handeln» - und zurücktreten.

Vertrauter von Präsident Bush

Dabei hatte eigentlich alles so gut angefangen. Erst war zwar eine Schockwelle durch die Weltbank gegangen, als der frühere US-Vizeverteidigungsminister und Architekt des Irak-Krieges im Juni 2005 auf ihrem Chefsessel Platz nahm, ausgewählt von US-Präsident George W. Bush.

Dass sich der Mann aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn als Befürworter einer starken US-Militärpräsenz in aller Welt hervorgetan und von Präventivschlägen gegen «Schurkenstaaten» gesprochen hatte, liess viele schaudern.

Von einem Versuch war die Rede, mit Hilfe des Neokonservativen und engen Bush-Vertrauten die Weltbank für die Zwecke der US-Politik einzuspannen.

Selbst Skeptiker beeindruckt

Ein paar Monate später waren die Skeptiker jedoch grösstenteils verstummt und sogar beeindruckt. «Er hat sich gut gemacht», lobte gar die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam. Bald nahm man es Wolfowitz ab, dass er es ernst meinte mit der Sorge um die Armen der Welt.

Zum Kern seiner Mission machte der frühere Dozent der Politikwissenschaft den weltweiten Kampf gegen Korruption und für «gute Regierungsführung» - was die gegenwärtige Affäre umso pikanter macht, steht er doch selbst wegen des Vorwurfs der Vetternwirtschaft am Pranger.

Das Weltbank-Image leidet

Inzwischen räumt er ein, an den Verhandlungen über den Postenwechsel seiner Partnerin beteiligt gewesen zu sein, die nicht nur eine Beförderung war, sondern auch noch mit einer satten Gehaltserhöhung daher kam.

Von einem «hohen Reputationsrisiko» für die Weltbank und ihre 10'000 Mitarbeiter spricht man selbst in den höchsten Kreisen der Institution. In den langen Wandelgängen ist von einer «schrecklichen Stimmung» die Rede.

Trotz des gewonnenen Vertrauens weiss Wolfowitz, dass er seine politische Vergangenheit wie einen Mühlstein um den Hals trägt und seine Gegner noch nicht ausgestorben sind. «Ich arbeite nicht für die US-Regierung, ich arbeite für diese Institution», rief er am Donnerstag der Weltpresse zu.

Er glaube zutiefst an den Auftrag der Weltbank und sei mit Leidenschaft dabei. «Ich bitte darum, mich nach dem zu beurteilen, was ich jetzt mache und was wir gemeinsam auf dem Weg nach vorne erreichen können», schloss er seinen Appell.

(von Frank Brandmaier, dpa/sda)

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