Wider dem Zentralismus: Föderalismus überwindet den Stadt-Land-Konflikt

publiziert: Donnerstag, 16. Sep 2010 / 16:05 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 16. Sep 2010 / 16:43 Uhr
Flims-Dorf steht vor anderen Herausforderungen als die Stadt Zürich.
Flims-Dorf steht vor anderen Herausforderungen als die Stadt Zürich.

Die Frage der Woche lautet: «Es wird immer mehr von einem Gegensatz zwischen Stadt und Land in der Schweiz gesprochen. Ist dies eine tatsächliche Entwicklung oder nur ein Schreckgespenst, das aus Parteikalkül propagiert wird?» Heute der Beitrag von Lukas Reimann, SVP-Nationalrat und Mitglied der Rechtskommission des Nationalrates.

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Immer häufiger versucht man mit dem heraufbeschworenen Gegensatz «Stadt-Land»-Grossregionen zu schaffen. Kantone sollen zusammengelegt werden und wenige Grossstadtregionen werden zu Stadt-Agglomerations-Regionen. Entscheidungsgremien sollen ausgewählte Exekutiv- und Elite-Vertreter sein. Damit werden nicht nur demokratische Abläufe und Strukturen ausgehebelt, auch eine föderalistische und bürgernahe Politik wird verhindert.

Natürlich gibt es in der täglichen Politik Unterschiede von Stadt und Land, die eine volksnahe  Politik berücksichtigen muss. Ein Bergdorf steht vor anderen Herausforderungen als die Stadt Zürich. Gerade deshalb ist der Föderalismus so wichtig! Die Vereinheitlichung zu Grossregionen verstärkt die Gegensätze. Zentralismus war und ist nicht geeignet für ein vielfältiges Land wie die Schweiz.

Das bewährte und moderne Konzept heisst in der Schweiz Föderalismus und Subsidiarität. Die Entscheidungen sollen auf möglichst lokaler Ebene getroffen werden. Nur so können die unterschiedlichen Herausforderungen von Stadt und Land bürgernah wahrgenommen werden. Ein Grossteil der politischen Macht soll von den regionalen Verwaltungseinheiten, also den Gemeinden und den Kantonen, weitgehend autonom ausgeübt werden, während die Zentralregierung nur die Aufgabe hat, den Staat nach aussen zu vertreten und für seine äussere Sicherheit zu sorgen.

Eindrücklich ist, was das frisch gewählte konservativ-liberale Duo Cameron/Clegg in England versucht. Die zentralistischen Einheiten in London werden aufgebrochen und in die Kommunen verlagert. Die Gemeinden sollen wieder vor Ort entscheiden und handeln können. Die strukturelle Revolution will konsequent dezentralisieren, weil die zentralen Entscheidungsinstanzen sich in hoffnungslose, hochkomplexe Ineffizienzen manövriert haben. Der Effizienzgewinn und das Sparpotential sind gewaltig. So soll das Budgetdefizit von 11 Prozent des BIP bis im Jahr 2014 auf 2.1 Prozent gesenkt werden. Die Politik ist näher beim Bürger, demokratischer und lokaler. Weg vom Zentralismus! Ein Modell für die Zukunft!

Dieser Wettbewerbsföderalisums hat weitere Vorteile, nicht nur im Vereinigten Königreich. Statt Gleichmacherei und Stillstand bemüht sich jede Gemeinde und jeder Kanton, um auf seine Art möglichst attraktiv und lebenswert zu sein. Schliesslich steht man im Wettbewerb mit den anderen Gemeinden und Kantonen. Das spornt an.

Heute greift Bundesbern immer stärker in die Gemeindeautonomie ein. Alles soll zentralistisch und schweizweit geregelt werden. Dabei bräuchte es in den meisten Bereichen gar keine gesamtschweizerischen Gesetze. Sie können in der Schweiz die so unterschiedlichen Regionen und ihre spezifischen Bedürfnisse und Anliegen gar nicht berücksichtigen. Auch die meisten Dienstleistungstätigkeiten, die heute von der zentralen Regierung geleistet werden, könnten auf regionale und kantonale Behörden verlagert werden und dort besser und auf die Einwohner zugeschnitten angeboten werden.

Ausländische Beobachter begreifen das fast noch besser als inländische. Oft mit Bewunderung! Der Kommentator der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schrieb vor einem Monat: «Wer in der kleinen Schweiz auf gut einstündiger Fahrt von Zürich nach Chur durch vier Kantone kommt, für den ist Brüssel weit weg. Wer in Volksabstimmungen selbst über Bauplanungen in der Gemeinde und Schulpfleger entscheidet, kann mit den oft undurchsichtigen Entscheidungsprozessen in der Europäischen Union wenig anfangen. Wer auf die Freiheit des Individuums setzt, dem sind die Normierungsbestrebungen in der Europäischen Kommission und der Hang zur Gleichmacherei in manchen EU-Staaten ein Greuel.»

Wenn wir wieder vermehrt auf Föderalismus statt auf Zentralismus setzen. Wenn wieder vermehrt in den Gemeinden und in den Kantonen entschieden wird, dann überwinden wir jeglichen Stadt-Land-Konflikt. Wenn aber weiterhin immer mehr in Bern vereinheitlicht wird und ein für die Schweiz systemfremder Zentralismus weiter ausgebaut wird, dann werden sich auch die Konflikte verschärfen.


(von Lukas Reimann/news.ch)

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