Wie Deutschlands Telefone vereinigt wurden

publiziert: Sonntag, 3. Okt 2010 / 19:25 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 3. Okt 2010 / 20:04 Uhr
Die Deutsche Wiedervereinigung: Auch das Telekommunikationsnetz musste zuammenfinden.
Die Deutsche Wiedervereinigung: Auch das Telekommunikationsnetz musste zuammenfinden.

Heute vor 20 Jahren wurde Deutschland wiedervereinigt, indem die Bundesländer der DDR der Bundesrepublik Deutschland beitraten. Damit begann für die staatliche Deutsche Post - die spätere Deutsche Telekom war noch nicht ausgegliedert - die Mammutaufgabe der Wiedervereinigung der Telekommunikationsnetze.

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Eigentlich waren es sogar zwei Aufgaben: Denn neben der Integration der Netze war zugleich ein «schneller Aufbau Ost» gefragt, denn Telekommunikation war einer der Bereiche, in denen der real existierende Sozialismus nicht viel mehr geschafft hatte, als den Mangel zu verwalten: So gab es Anfang 1990 in den neuen Bundesländern nur 1,8 Millionen Telefonanschlüsse. Gleichzeitig harrten 1,2 Millionen Anträge auf einen solchen der Abarbeitung. Typische Wartezeit bisher: 20 Jahre. Die galt es nun, auf wenige Jahre zu verkürzen!

Aufbau im Ortsnetz

In der Folge wurden massenhaft neue Strippen gezogen und Vermittlungsstellen auf- und ausgebaut. Für die grossen Wohnblocks in Ostberlin und einigen weiteren Städten entschied man sich für eine besonders innovative Technik: Glasfaserleitungen brachten die Telefonate gebündelt bis in den Keller der Häuser. Dort sorgten Mini-Vermittlungsanlagen für die Umsetzung auf die herkömmliche Analog- oder ISDN-Technik. Die gewöhnlichen Kupfer-Telefonleitungen mussten dann nur innerhalb des Hauses verlegt werden.

Diese hochmoderne optische Anschlussleitung, kurz OPAL, erwies sich gut ein Jahrzehnt später als Bumerang: In der Zwischenzeit war das Internet und dessen breitbandige Zugangsvariante DSL immer beliebter geworden. Doch die OPAL-Vermittlungsstellen waren schmalbandig, und eine Breitband-Nachrüstung nicht oder nicht zu vernünftigen Kosten möglich. Erst mit der zunehmenden Verbreitung von VDSL sind inzwischen auch für die Anbieter bezahlbare Kleinst-Vermittlungsstellen («outdoor DSLAMs») auf dem Markt, mit denen sich auch das OPAL-Konzept («neudeutsch» heisst es dann meist «FTTB» - «fibre to the building bzw. basement») auch breitbandig umsetzen lässt.

Aufbau im Fernnetz

Aber selbst, wenn man einen der begehrten Ost-Anschlüsse hatte, hiess das noch lange nicht, dass man telefonieren konnte. Leitungen waren chronisch knapp, und so musste man insbesondere bei Gesprächen von Ost nach West und umgekehrt, aber auch bei vielen Ferngesprächen innerhalb der neuen Bundesländer, mit viel Ruhe und Geduld immer wieder wählen, bevor man endlich durchkam. Der Ausbau der Kapazitäten im Fernnetz war somit fast noch dringender als die Abarbeitung des Rückstaus bei den Anschlussschaltungen. Die vereinigte Bundespost reagierte auf diese Anforderung mit einem digitalen Overlay-Netz. Dessen Markenzeichen: Stille. Anders als im bisherigen, noch mit Hubdrehwählern und anderen mechanischen Elementen geschalteten Netz hörte man nichts mehr, während die Verbindung aufgebaut wurde.

Dass es während des Verbindungsaufbaus plötzlich ruhig wurde, gab es auch schon im alten Netz. Meist war man dann in einem toten Ende gelandet. Die gelernte Reaktion der Bürger: Auflegen und neu wählen. Und so bestand im neuen Overlay-Netz in den ersten Tagen ein Grossteil der Last aus abgebrochenen Verbindungsversuchen. Die Post musste ganzseitige Anzeigen schalten, um die Bevölkerung darüber zu informieren, dass Stille ab sofort in der Regel kein Fehler mehr war - sondern einfach ein Zeichen, dass man sich im neuen Netz bewegte.

Vereinigung bei den Nummern

Vor der Wiedervereinigung hatten die Telefonnetze Ost und West getrennte Ländervorwahlen. Die meisten Nummern dahinter waren doppelt vergeben. Und so mussten mit der Vereinigung zu einem einheitlichen Netz neue Nummern her. Den schwarzen Peter zogen dabei die Städte und Gemeinden Ostdeutschlands, deren Vorwahlen neu vergeben wurden. Zum Glück war im Westen ein ganzer Vorwahlenbereich (03xxx) an Berlin vergeben, dann aber nur zum kleinsten Teil (030) genutzt worden. In Berlin mussten zudem zwei Ortsnetze zu einem verbunden werden. Dabei traf es dann Bürger des Ost- und des Westteils mit Nummernumstellungen. Meist wurden dabei die ersten drei Ziffern der Rufnummer, der so genannte Leitbereich, geändert, um Dopplungen zu beseitigen.

Bis diese Umstellung abgeschlossen war, gab es spezielle Vorwahlen für Telefonate von West- nach Ostberlin und umgekehrt. Bei den Leitbereichen, die nur auf jeweils einer Seite der Mauer verwendet worden waren, wurden diese Vorwahlen aber schnell überflüssig. Viele West-Berliner bedauerten allerdings, dass mit der Wiedervereinigung auch der Sonderstatus Berlins bei den Ortsgesprächen abgeschafft wurde: Vorher konnte man nämlich für eine Einheit (23 Pfennig) beliebig lange telefonieren. Im Westen der Republik war der Zeittakt bei den Ortsgesprächen hingegen bereits 1980 eingeführt worden.

Milliarden-Investition

Letztendlich wurden bis Ende 1997 ca. 25 Milliarden Euro investiert, um in den neuen Bundesländern eines der zum damaligen Zeitpunkt modernsten Telefonnetze der Welt aufzubauen. 1998 kam dann bereits die Festnetz-Deregulierung, die die 1995 gegründete Telekom noch vor ganz andere Aufgaben stellen sollte, insbesondere die Zusammenschaltung mit zahlreichen neuen Wettbewerbern, und das Bestehen im Wettbewerb.

Parallel zum Festnetz wurden in Ost- wie auch in Westdeutschland seit 1992 auch die digitalen Mobilfunknetze D1 (inzwischen T-Mobile) und D2 (inzwischen Vodafone) errichtet. Diese spielten anfangs freilich nur eine kleine Rolle. Würde man aber heute vor dieselbe Aufgabe gestellt, das marode Telefonnetz eines ganzen Landes zu sanieren, würde die Technik-Entscheidung möglicherweise genau anders herum ausfallen als damals: Mobilfunk wäre dann das primäre Netz, mit dem Festnetz als Ergänzung.

(fkl/teltarif.ch)

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