Wie wird man Selbstmordattentäter?

publiziert: Donnerstag, 14. Jul 2005 / 22:30 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 14. Jul 2005 / 22:58 Uhr

London - Der mutmassliche Selbstmordattentäter Khan war ein Hilfslehrer für besonders schwierige Schüler und sehr beliebt. Seine Frau ist gerade zum zweiten Mal schwanger. Grossbritannien fragt sich, weshalb Khan zum Terroristen mutierte.

"Indem man den Detonationsknopf drückt, kann man die Tür zum Paradies aufstossen."
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In der Londoner U-Bahn vergraben sich die Pendler am Donnerstagmorgen während der Stosszeit noch tiefer als sonst in ihre Zeitungen. Die Terroranschläge sind genau eine Woche her.

Auf den Titelseiten von "Times" und "Sun" prangt das Bild des 30-jährigen Selbstmordattentäters Mohammad Sidique Khan. Kein fanatischer Blick, kein Taliban-Look - nein: Ein Lehrer im Klassenzimmer ist da zu sehen, mit Bleistift in der Hand, aufmerksam und verständnisvoll zuhörend.

Gebürtige Briten

Auch die anderen Terroristen, gebürtige Briten aus pakistanischen Einwandererfamilien, sehen nicht aus, wie die britische Öffentlichkeit sie sich vorgestellt hat. Da ist der Shehzad Tanweer (22), ein begeisterter Cricketspieler, dessen Zimmer von Pokalen strotzt.

Sein Vater hat sich mit seiner Fish-and-Chip-Bude eine Existenz aufgebaut. Shehzad war "stolz darauf, Brite zu sein", sagt sein Onkel. Auch Hasib Hussain (18) liebt Cricket und Fussball. Der Vierte, Ejaz Fiaz, ist ein stiller Familienvater. Der Schauplatz ihres Lebens ist die typische englische Reihenhaussiedlung aus rotem Backstein.

Aber sie haben sich verändert. Von einem Tag auf den anderen kommt Hasib Hussain nicht mehr in Jeans und T-Shirt zur Schule, sondern im traditionellen Gewand. Plötzlich sagt er nicht mehr "Hi", sondern "Salam".

Shehzad Tanweer lässt sich einen "Mohammed-Bart" wachsen, rasiert ihn wieder ab, lässt ihn wieder wachsen: "Er konnte sich nicht entscheiden, was er sein wollte", sagt sein Onkel.

Aufenthalt in Pakistan

Der entscheidende Wendepunkt sowohl bei Hasib als auch bei Shehzad war ein mehrmonatiger Aufenthalt in Pakistan. "Ich dachte, der hat eine Gehirnwäsche bekommen", erinnert sich Hasibs Cousin. Doch Hasibs Eltern freuen sich: Vor der Reise hatte er einen Ladendiebstahl begangen und war recht aufsässig gewesen - jetzt scheint er zu innerer Ruhe gefunden zu haben.

Nach Vermutungen der Polizei haben die beiden in Pakistan Schulen besucht, die in der Nachfolge der afghanischen Trainingscamps von Kaida-Chef Osama bin Laden stehen. "Die Lager sehen heute eher wie Jugendherbergen aus", erfuhr die "Times" von einem ehemaligen Teilnehmer.

"Die Organisatoren wollen keine Krieger mehr ausbilden, die im Schlaf eine Kalschnikow abfeuern können", sagt er. "Sie wollen den Geist formen, so dass die Rekruten bereit sind, ihr Leben für die Sache zu geben."

Türe zum Paradies

In den letzten Wochen vor den Anschlägen werden die Attentäter dann von aussen angeleitet. Die Polizei vermutet einen Hintermann mit Verbindungen zur El Kaida, der den jungen Männern die Handhabung der Sprengsätze erklärt.

Was geht einem Attentäter durch den Kopf, bevor er auf den Auflöser drückt? Die "Times" hat den Palästinenser Nasra Hassan gefragt, der einmal versuchte, einen israelischen Bus in die Luft zu sprengen. "Indem man den Detonationsknopf drückt, kann man die Tür zum Paradies aufstossen", sagt er. "Es ist der kürzeste Weg in den Himmel."

(Von Christoph Driessen, dpa/sda)

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