Wikipedia wird fünf - Erfolg durch jüngste Fälschungen getrübt

publiziert: Freitag, 13. Jan 2006 / 14:22 Uhr / aktualisiert: Freitag, 13. Jan 2006 / 19:04 Uhr

Hamburg - Zu Beginn war es ein ehrgeiziges, manchmal auch belächeltes Projekt.

Nature sieht Wikipedia qualitativ auf der selben Stufe wie die Encyclopaedia Britannica.
Nature sieht Wikipedia qualitativ auf der selben Stufe wie die Encyclopaedia Britannica.
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Am 15. Januar 2001 gründeten der US-Unternehmer Adam Wales und der Philosophie-Dozent Larry Sanger die «freie Enzyklopädie» Wikipedia. Unter Mithilfe aller Internet-Nutzer sollte die grösste Wissenssammlung der Welt entstehen. Heute gibt es Wikipedia in mehr als hundert Sprachen. Allein die deutschsprachige Version umfasst weit mehr als 300 000 Artikel, die englischsprachige 850 000.

Doch die Freude zum fünften «Wikipedia Day», wie der Geburtstag genannt wird, dürfte in diesem Jahr etwas gedämpft sein. In den vergangenen Wochen war Wikipedia gleich wiederholt in die Schlagzeilen geraten.

Ende des vergangenen Jahres erschien ein Beitrag über Bertrand Meyer, in dem der Zürcher ETH-Informatiker für tot erklärt worden war. Das entpuppte sich schnell als schlechter Scherz eines Studenten und wurde umgehend korrigiert. Dennoch sind solche Vorfälle ein gefundenes Fressen für Kritiker in der Diskussion um die Verlässlichkeit der Online-Enzyklopädie. Auch Adam Curry, MTV-Mitarbeiter und Miterfinder des Podcast (online abrufbare Audiodaten wie Radio-Sendungen), soll seine Wikipedia-Biografie anonym zu seinen Gunsten geändert haben.

Der Fall Seigenthaler

Schmerzlicher dürfte Wikipedia ein anderer Eintrag getroffen haben, der wenige Wochen zuvor für heftige Aufregung gesorgt hatte. Ein «Scherzbold» publizierte eine gefälschte Biografie des US-Journalisten John Seigenthaler. Dieser wurde unter anderem mit den Morden an den Kennedy-Brüdern in Verbindung gebracht.

«Im Alter von 78 Jahren dachte ich, ich sei darüber hinaus, überrascht oder verletzt zu sein, wenn irgendetwas Negatives über mich gesagt wird», schrieb der bekannte Journalist im Ruhestand in der Tageszeitung «USA Today». «Da lag ich falsch.»

Vier Monate im Netz

Der Artikel war mehr als vier Monate lang im Web nachzulesen. Inzwischen ist er gelöscht, der Urheber hat sich entschuldigt. Doch Wikipedia, schreibt Seigenthaler, sei bei der Verbreitung von Gerüchten wie ein Federkissen. Seien die Federn in alle Winde zerstreut, sei es unmöglich, sie wieder ins Kissen zu bekommen.

Die viel gerühmten Selbstheilungskräfte, die Idee, dass die Artikel automatisch reifen, da Fehler schnell gefunden und von jedem Nutzer korrigiert werden können, haben zumindest zeitweise im Fall Seigenthaler ausgesetzt.

Korrigieren für alle erlaubt

Für den englischsprachigen Raum hat Wikipedia deshalb Konsequenzen gezogen und erlaubt es nur noch angemeldeten Nutzern, neue Artikel anzulegen. Korrigieren kann allerdings weiterhin jeder, der sich dazu berufen fühlt.

Trotz aller Skandale und Diskussionen bleibt die Enzyklopädie eine Erfolgsgeschichte. Mitte Dezember stellte das britische Wissenschafts-Journal «Nature» die Qualität der Einträge fast auf die gleiche Stufe wie die der Encyclopaedia Britannica.

Das Fachmagazin hatte Experten ausgewählte und ungekennzeichnete Artikel aus beiden Werken vergleichen lassen. Bei Wikipedia fanden die Prüfer durchschnittlich vier Fehler pro Artikel, bei der Encyclopaedia Britannica drei.

(Von Renate Grimming, dpa/sda)

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