Wohnrevue: Patrick Blanc

publiziert: Montag, 31. Mai 2010 / 19:37 Uhr / aktualisiert: Montag, 31. Mai 2010 / 20:19 Uhr

Patrick Blanc (*1953 in Paris), französischer Botaniker und Gartenkünstler, gilt als Meister vertikal begrünter Flächen. Er bepflanzt nicht nur Innenwände von Häusern, sondern ganze Hausfassaden und arbeitet seit Jahren mit namhaften Architekten wie Jean Nouvel und Herzog & de Meuron oder Designern wie der Französin Andrée Putman zusammen.

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Seine Leidenschaft für Pflanzen kristallisierte sich bereits im zarten Alter von fünf Jahren heraus und wurde zum treibenden Motor für seine umfangreichen Forschungsarbeiten – besonders in Bezug auf Pflanzen, die auch unter schwierigsten Wachstumsbedingungen gedeihen können, zum Beispiel auf nackten Felswänden, (fast) ohne Licht oder ohne Erde.

Genau genommen fing damals alles mit einem Aquarium an, das er als kleiner Junge bei einem Arztbesuch im Wartezimmer entdeckte. Zutiefst beeindruckt von der Unterwasserwelt bekam er etwas später ein eigenes mit tropischen Fischen geschenkt und legte mit seinen Beobachtungen den Grundstein für seine Profession. Anfangs wollte er nur ausprobieren, ob es tatsächlich möglich sei, mit den Wurzeln einer bestimmten Pflanzenart (Philodendren) das Wasser seines kleinen Ökosystems zu reinigen. Davon hatte er in einer Zeitschrift gelesen und wollte diese Methode in einer improvisierten Versuchsreihe auf die Probe stellen. Dabei erkannte er aber nicht nur, dass die Wurzeln tatsächlich das Wasser filtern konnten, sondern auch, dass sie genügsam ohne weiteren Nährboden weiterwuchsen. Eine Offenbarung für den Franzosen! Schritt für Schritt experimentierte er weiter mit Gewächsen, die lediglich bewässert werden mussten, um zu gedeihen. So gelangte er zu wichtigen Erkenntnissen, die zur Grundlage für seine künftigen vertikalen Gärten werden würden. Mit 19 Jahren fing er dann an, Botanik in Paris zu studieren. Seine erste Reise zu Forschungszwecken machte er damals in die Tropen nach Thailand und Malaysia, wo er andere Pflanzen auf Bäumen und Felsen erforschte, die ebenfalls keine Erde für das Wachstum benötigten. Nach dem Studium folgte dann die Promotion – über tropische Pflanzen, versteht sich. Auf zahlreichen Reisen, bei denen er sämtliche Urwälder dieser Erde durchkämmte, vertiefte er sein Wissen, brachte neue Pflanzen mit nach Hause und forschte weiter.

Nach zwanzig Jahren des Beobachtens und Studierens gelang es ihm dann schliesslich, ein System zu entwickeln und patentieren zu lassen, mit dem er Pflanzen den Wuchs in der Vertikalen ermöglichte, so wie er es tausendfach bei Gewächsen in den Tropen gesehen hatte. Was auf den ersten Blick recht simpel und einfach erscheint, ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit und kommt mittlerweile auf der ganzen Welt bei seinen aussergewöhnlichen Projekten zum Einsatz. Das System, dessen Patentschrift den etwas nüchternen Titel «Verfahren zur Kultivierung von Pflanzen ohne Substrat auf vertikalen Flächen» trägt, beruht dabei auf einer Vorrichtung, die mit einem Vlies bespannt ist. Darauf können Pflanzen so aufgebracht werden, dass sie auch im Anfangsstadium, bevor sie sich mit ihrem eigenen Wurzelwerk daran festkrallen, Halt finden können. Das Vlies ist mit einer Stärke von drei Millimetern zwar so beschaffen, dass es ausreichend Wasser aufnehmen kann, gleichzeitig aber für die Gesamtkonstruktion nicht zu schwer wird (feucht wiegt es gerade mal drei Kilogramm pro Quadratmeter). Damit sich das Trägermaterial nicht nach einer gewissen Zeit auflöst und verrottet, besteht es aus einem synthetischen und stabilen Filz. Wichtigster Bestandteil des Systems ist natürlich das Bewässerungssystem, das das Vlies automatisch und zeitgesteuert mit Wasser benetzt.

So erstaunlich es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag: Mehr braucht es für einen prachtvollen Pflanzenteppich an einer Senkrechten anscheinend nicht. Vorausgesetzt natürlich, man hat geeignete Pflanzen ausgewählt, die optimal an die Standortbedingungen angepasst sind. Die Installationen von Blanc, die übrigens eine durchaus hohe Lebenserwartung aufweisen können, bestehen hierbei zum Teil aus über 300 verschiedenen Pflanzensorten, die sich zu kunstvollen Arrangements in Grün zusammenfügen und an das artenreiche Dickicht eines Dschungels erinnern.

Anbei ein kleiner Auszug seiner zahlreichen internationalen Projekte, die realisiert wurden: Mit einem Beitrag für die Internationale Gartenschau in Chaumont-Sur-Loire stellte Blanc 1994 erstmals eine seiner begrünten Wände einem breiten Publikum vor. Vier Jahre später erarbeitete er für das Pflanzenmuseum Végétarium in La Gacilly eine Wand, die die tropischen Feuchtwälder und ihr empfindliches Ökosystem zeigen sollten. Den ersten städtebaulichen Auftrag erhielt Blanc 2001 von der Innenarchitektin und Designerin Andrée Putman für das Hotel Pershing Hall in Paris, bei dem eine 30 Meter hohe Wand begrünt werden sollte. In Zusammenarbeit mit Jean Nouvel entstand 2004 die bepflanzte Fassade des Pariser Musée du quai Branly. 2006 schuf er unter anderem die 600 Quadratmeter grosse Fassadenfläche des Museum Caixa Forum in Madrid, dem Museum für zeitgenössische Kunst von Herzog & de Meuron (siehe Foto links oben). Und 2007 entstand innerhalb von knapp drei Monaten das Werk «Green Symphonie» in der Konzerthalle Taipehs.

Betrachtet man die Werke und das Leben des Ausnahmebotanikers Patrick Blanc, der sich mit so viel Leidenschaft und Hingabe mit Pflanzen befasst, genauer, ist es umso erstaunlicher, dass er – von seinen zahlreichen Reisen einmal abgesehen – sein ganzes Leben in Grossstädten wohnte. Vielleicht mit ein Grund, warum er mit seinen immergrünen Patchworkarbeiten im Grossformat versucht, die Natur in die Städte zu holen…

Über die Arbeiten des unermüdlichen Botanikers ist im letzten Jahr eine Monografie erschienen:
«Vertikale Gärten. Die Natur in der Stadt» von Patrick Blanc. Mit einem Vorwort von Jean Nouvel. Eugen Ulmer Verlag, 2009. ISBN 978-3-8001-5910-9

(Susanne Lieber/Wohnrevue)

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