ZeroEmission-lowEx-Gebäude (Teil 2)
Das «ZeroEmission-lowEx»-Gebäude verursacht keine Treibhausgasemissionen und verbraucht nur wenig hochwertige Energie. In Teil 1 meines Blogbeitrags (siehe Weiterführende Links) stellte ich die dazu nötige, neue Technologie vor, mit der rund 700'000 Heizkessel ersetzt werden könnten. Heute gehe ich auf weitere Ideen und Vorteile des «ZeroEmission-lowEx»-Konzepts ein.
«lowEx Building design für ZeroEmission Architecture»
Hansjürg Leibundgut, 2011. «lowEx Building design für ZeroEmission Architecture». vdf Verlag.
vdf.ethz
Blogbeitrag vom 09.02.2012
ZeroEmission-lowEx-Gebäude (Teil 1), Prof. Hansjürg Leibundgut, ETH Zürich
klimablog.ethz
Seit meinem letzten Blogbeitrag (siehe Weiterführende Links) haben wir die kältesten 15 Tage seit 40 Jahren erlebt mit Aussentemperaturen unter -14°C in Zürich. Wir haben erlebt, dass Frankreich 50 Gigawatt elektrische Leistung von Deutschland einkaufen musste zu Spitzenpreisen von über 2 Franken pro Kilowattstunde. Würde man im Jahr 2050 alle Heizungen mit Luft/Wasser-Wärmepumpen betreiben, wäre ein Blackout in Europa vorprogrammiert. Deshalb - wegen der sicheren Stromversorgung während den kältesten 10 Tagen im Jahr - fordere ich die Erstellung von tiefen Erdsonden.
Koaxial-Sonden mit gedämmtem Zentralrohr
In einer Tiefe von 450 Metern herrschen im Schweizer Mittelland Temperaturen von rund 26°C. Der Weg des Wassers da hinunter und zurück ist 900 Meter lang. Es ist das Ziel der neuen Erdsonden, die hohen Temperaturen am untersten Punkt der Sonde nach oben zu «retten».
Dies geht nur dann, wenn das Steigrohr isoliert ist. Zudem ist logisch, dass der richtige Ort für das Steigrohr in der Mitte des Bohrlochs ist, der Ringspalt rundum ist der Transportkanal für das Wasser von der Wärmepumpe nach unten. Zur Verringerung des Druckabfalls im Rohr (kleiner Stromverbrauch der Pumpe) sollen die Querschnitte der Strömungskanäle gross sein. In unserem Modell einer sogenannten Koaxial-Sonde optimieren wir zurzeit diese Dinge.
Reines Wasser als Wärmetransportmittel
Wir wollen, dass das Wasser aus der Koaxialsonde nie kälter als 15 °C in die Wärmepumpe strömt - deshalb die Tiefe und die spezielle Konstruktion. Wenn wir das erreichen, können wir die Vereisung des Verdampfers der Wärmepumpe ausschliessen. Das heisst, dass auf die Beimischung eines Frostschutzmittels verzichtet werden kann. Dies ist vorteilhaft für den Druckabfall und den Wärmeübergang.
Bohrungen im Grundwasserschutzgebiet sind möglich
Die Koaxial-Sonde hat weitere Vorteile: - Weil in den Sonden reines Wasser zirkuliert, kann auch bei einem Leck der Erdsonde nicht Schädliches ins Grundwasser auslaufen. - In den obersten 100 Metern ist der äussere Ringspalt der Sonde nie wärmer als 15-16°C, die Wärmeaustauschfläche zum Grundwasserstrom ist klein. Damit ist im Sommer die Gefahr des Aufheizens des Grundwassers sehr, sehr klein. - Das Verfüllmaterial zwischen Erdsonde und Bohrloch ist unbedenklich und schliesst die Möglichkeit der Vermischung verschiedener Grundwasserschichten aus.
Dank dieser Vorteile wird es möglich, Erdsonden in Grundwasserschutzgebieten zuzulassen. Die Gesetze müssten jedoch entsprechend geändert werden.
Hybridkollektoren werden in grossflächige Dachpanels integriert
Vor 2 Jahren haben wir einen Hybridkollektor entwickelt: Auf der Rückseite von handelsüblichen Photovoltaik-Panels haben wir Aluminiumlamellen befestigt, mit denen die Panels gekühlt werden. Das «Kühlwasser» wird dabei bis zu 30°C warm. Die Wärme des Kühlwassers wird über die oben beschriebenen Koaxial-Erdsonden ins Erdreich verfrachtet.
Wegen dieser Hybridisierung wird es möglich, die Photovoltaik-Panels rückwärtig zu isolieren (mehr als 25 cm wegen der Statik der Träger). Wir haben ein Projekt gestartet mit dem Ziel, grossformatige (rund 10 x 3 m) Dachpanels zu entwickeln, die vorfabriziert als fertiges Dachelement mit dem Kran versetzt werden können. Weil wir an der Wärme im Sommer interessiert sind, können die Panels auch relativ flach (mind. 6 Grad Neigung) und unterschiedlich orientiert verbaut werden. Wir können davon ausgehen, dass solche Panels die Entwicklung einer neuen Dachform auslösen. Interessant ist auch, dass in 2-3 Jahren rahmenlose, eingefärbte Photovoltaik-Module mit einer Lebensdauer von 50 Jahren auf dem Markt sein werden.
Kühlen ohne Kühltürme
Mit Kältemaschinen wird in Kinos, Einkaufsläden oder Hotels Wärme aus dem Raum abgeführt. Dadurch werden diese Räume gekühlt. Die Kältemaschine muss die abgeführte Wärme in eine wärmere Umgebung «entsorgen». Heute wird diese Wärme an die warme Umgebungsluft abgegeben. Die Kälteanlagen sind also luftgekühlt.
Wir schlagen vor, auf luftgekühlte Kühlanlagen vollständig zu verzichten. Anstatt die Abwärme von Klimakälteanlagen im Sommer an die sehr warme Luft abzugeben, schlagen wir vor, sie ins 26 grädige Erdreich in 450 m Tiefe «abzuschieben». Dadurch sinkt der Stromverbrauch der Kühlanlagen im Sommer und der Stromverbrauch der Wärmepumpe im Winter wird ebenfalls kleiner.
Es ist effektiver, im Winter die sommerliche Abwärme zu verwerten (aus dem Erdspeicher) und auf die mühsame Abwärmerückgewinnung aus der Abluft zu verzichten. Dadurch werden die Gebäude entschlackt und billiger.
Weniger Wärmedämmung der opaken Fassade
Wenn es möglich ist, sehr viel 15 grädige Wärme aus dem Erdreich im Winter zu beziehen und mittels Wärmepumpen effizient in Heizwärme zu verwandeln, kann man entscheiden was schöner und kostengünstiger ist: Den Wärmefluss durch die Wand zu hemmen (mittels Dämmungen) oder den Wärmefluss aus dem Erdreich zu nutzen. Ein U-Wert von 0.6 W/m2K der Aussenwand reicht aus, um im Innern Behaglichkeit ohne Schimmelpilze zu erreichen.
Wir werden das neue System «Solergie» taufen: Energie solaire avec stockage au sol. Es besteht aus dem Hybridkollektor (energie solaire), der Koaxial-Erdsonde (stockage au sol) und der speziell auf das System zugeschnittenen Wärmepumpe.
Literaturhinweis
Hansjürg Leibundgut, 2011. «lowEx Building design für ZeroEmission Architecture». vdf Verlag. (Siehe Weiterführende Links)
Fakten und Meinungen zu Nachhaltigkeit
Der Zukunftsblog der ETH Zürich nimmt aktuelle Themen der Nachhaltigkeit auf. Er bietet eine Informations- und Meinungsplattform, auf der sich Expertinnen und Experten der ETH zu den Themenschwerpunkten Klimawandel, Energie, Zukunftsstädte, Welternährung und Natürliche Ressourcen äussern. Prominente Gäste aus Forschung, Politik und Gesellschaft tragen mit eigenen Beiträgen zur Diskussion bei.
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