Zombie-Politiker

publiziert: Montag, 10. Dez 2012 / 12:10 Uhr
Silvio Berlusconi: Polit-Zombie wittert Frühlingsluft.
Silvio Berlusconi: Polit-Zombie wittert Frühlingsluft.

Zombies streifen durch Europa. Sie schieben die Grabsteine ihrer Grüfte zur Seite, machen sich auf die Jagd nach den Stimmen der Lebenden und hoffen, damit wieder so zu werden, wie damals, in den besten Zeiten ihrer verdorbenen Existenz.

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Einer dieser Polit-Zombies sticht besonders heraus: Silvio Berlusconi, ein Politiker, der schon zu Lebzeiten einen gewissen Verwesungsgeruch (vermutlich war es jener seiner Integrität) verströmt hatte. Er schob nun die tonnenschwere Grabplatte zur Seite, von der man eigentlich gehofft hatte, dass sie ihn in der Gruft halten würde und strebt wieder - Maden hin oder her - zurück auf die politische Bühne.

Berlusconi ist dabei wohl der archetypische Untote der Politik. Als einer, der Probleme entweder erst verursacht oder dann aus Opportunismus oder Feigheit während Jahren vor sich her geschoben hat, während er Korruption und Schlendrian auf allen ebenen Vorschub leistete, lebte er vor allem von den Leistungen anderer.

Wenn seinem Nachfolger Monti beim Ausräumen des römischen Augiasstalles nach einer kurzen anfänglichen Gnadenperiode permanent der Wind ins Gesicht blies, war das eigentlich nur zu erwarten, musste er doch die Pfründe aller möglichen Schichten angreifen, die alle fanden, die anderen sollten doch bitte die Opfer bringen, aber nicht sie selbst.

Nun, da das schlimmste vermutlich vorbei ist und in den nächsten Monaten mit etwas Glück erste Erfolge sichtbar sein könnten, wittert der politisch Untote Silvio plötzlich eine Chance etwas zu erreichen, was man für unmöglich gehalten hatte, als er seinen Posten fast unter Zwang dem verhassten Monti hatte übergeben müssen: ein Comeback.

Der Zeitpunkt ist dabei entscheidend. Die Menschen müssen noch ausreichend unter den unvermeidlichen Einschnitten und Reduktionen leiden, während die positiven Effekte noch nicht wirklich zu greifen vermögen. Die Wahrnehmungsfähigkeit vieler Stimmbürger spielt Polit-Zombies wie Berlusconi dabei in die Hände: Probleme schieben sie dabei am liebsten den gegenwärtig Regierenden in die Schuhe - ebenso wie eine Erholung. Es ist in etwa so, als würde man dem Automechaniker, welcher den defekten Motor repariert, die Schuld an der kaputten Zylinderkopfdichtung geben und nicht dem Autohersteller (oder den von sich selbst mehrfach ignorierten Wartungsterminen).

Dass Monti nach dem ersten Frontalangriff der Berlusconi-Getreuen sofort hin geschmissen hat, könnte für den Zombie-Cavalliere allerdings verhängnisvoll werden, denn mit dem frühen Neuwahltermin dürfte er Probleme haben, genügend Wähler mit ernsthaften Gedächtnisproblemen zu mobilisieren. Nach einem solchen, nicht durch ewiges Klammern und Taktieren herausgezögerten Rücktritt, kann Berlusconi zudem auch nicht glaubhaft behaupten, Monti habe sich durch Machtgier ausgezeichnet.

Wie auch immer die Wahl ausgehen wird, Berlusconi steht für eine ganze Schar herunter gewirtschafteter Politiker in Europa, die nur darauf warten, die unter grossen Leiden vielleicht bald spriessenden Früchte der Reformen und Sparpakete zu ernten.

Das Berlusconi jetzt schon den Sargdeckel geöffnet hat, liegt womöglich daran, dass er aus rechtlichen Gründen versuchen muss, seine Immunität und seinen Einfluss über die Justiz wieder zu erlangen, um nicht irgendwann doch noch ins Kittchen zu wandern.

Die anderen Untoten der Politik, ob in Griechenland, Spanien, Portugal oder sonst wo, werden vermutlich noch etwas länger in ihren Grüften ausharren. Doch sie werden wieder hervor kriechen, sobald auch sie die Witterung eines politischen Frühlings aufgenommen haben.

Machen wir uns besser auf einen «Spring of the Living Dead Politicians» bereit und jeder, der politisch halbwegs Geruchsempfindlich ist, sollte sich darauf gefasst machen, seine Nase für eine lange Zeit zuhalten zu müssen...

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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