Nach seiner zweieinhalbstündigen Session mit Xavier Malisse auf
Court 13 machte Roger Federer nicht den glücklichsten Eindruck.
Federer hat nicht gut gespielt, möglicherweise weil er sich selber
in Wimbledon unter Druck setzt. Nach einer 2:0-Satzführung war er
im Entscheidungssatz mit einem Break 2:3 in Rückstand geraten. «In
dem Moment hatte ich Angst, dass ich ausscheiden würde», so
Federer. Diese Skepsis war nicht unberechtigt: Während zweieinhalb
Sätzen war Federer bei Malisses Aufschlag zu keiner Breakchance
mehr gekommen.
In der heiklen Situation und genau im richtigen Moment kamen die
Linienrichter zu Hilfe. Zwei Fussfehler bei 3:2/30:30 und 3:4/15:15
warfen den 21-jährigen Malisse aus dem Tritt und leiteten jene zwei
Breaks ein, die die Wende bedeuteten und Federer dem Achtelfinal
mit Pete Sampras ein Stück näher brachten. Nach dem zweiten
Fussfehler erfluchte sich Malisse zudem noch einen Strafpunkt.
«Natürlich haben mir diese Szenen die Wende erleichtert», so
Federer, «aber Malisse war selbst schuld. Es waren nicht seine
ersten Fussfehler im Spiel. Er hätte eben etwas zurückstehen
müssen.»
Die Fussfehler am Ende lenkten vom tatsächlichen Grund ab, warum
Xavier Malisse (ATP 53) diese Partie verlor. Der Belgier vermochte
von 26 Breakmöglichkeiten bloss vier zu nutzen. Federer dagegen
machte aus acht Chancen fünf Breaks. «Er hätte locker einen der
ersten beiden Sätze gewinnen können», so Federer. Beunruhigend im
Hinblick auf das nächste Spiel gegen Jonas Björkman (ATP 41) ist,
dass Malisse mit Federers Aufschlag kaum Probleme hatte. Federer:
«Björkman returniert besser als Malisse. Ich muss am Freitag
unbedingt besser spielen, sonst gewinne ich nicht mehr.»
Starke Gagliardi
Vor Federer hatte bereits Emmanuelle Gagliardi (WTA 96) für eine
Schweizer Erfolgsmeldung gesorgt. Die bald 25-Jährige bezwang die
in der Weltrangliste 48 Plätze besser klassierte Kristina Brandi
(USA) 6:1, 6:2. Der zweite Grand-Slam-Sechzehntelfinal in dieser
Saison kommt Gagliardi wie gerufen. Zwischen dem Australian Open
und Wimbledon lag wegen einer Schulterverletzung eine neunwöchige
Pause und nur ein erfolgreiches Turnier: Rom. Dort erreichte sie
als Qualifikantin die Achtelfinals und bezwang jene Kim Clijsters,
die einen Monat später in Roland-Garros den Final erreichen sollte.
An den acht übrigen WTA-Turnieren scheiterte Gagliardi stets in der
1. Runde, entsprechend sackte auch ihre Klassierung zusammen. «Ich
hoffe, dass Wimbledon die Wende zum Guten einläutet», so Gagliardi,
die den Fed-Cup-Trip nach Australien auslässt, weil sie derzeit um
jeden Weltranglistenpunkt froh sein muss. Dank Wimbledon wird sie
in der Weltrangliste wieder in den Bereich um Platz 80 vorrücken.
Ein weiterer Vorstoss ist nahezu ausgeschlossen, wie die nächste
Gegnerin am Freitag Serena Williams ist.
Ferrero und Ivanisevic
In den Spielen ohne Schweizer Beteiligung errang Juan Carlos
Ferrero (ATP 4) einen beachtlichen Sieg. Der Sandplatzspezialist
besiegte den rasenerfahrenen Australier Jason Stoltenberg 7:6, 4:6,
6:3, 6:7, 6:3. Ferrero trifft in der 3. Runde auf den Engländer
Greg Rusedski. Goran Ivanisevic erreichte zum ersten Mal seit zwei
Jahren wieder die 3. Runde an einem Major-Turnier. Der dreimalige
Wimbledon-Finalist gewann gegen Carlos Moya 6:7, 6:3, 6:4, 6:4.
Ivanisevic trifft am Freitag auf Heuberger-Bezwinger Andy Roddick,
der den Schweden Thomas Johansson dank zwei sehr starken Tiebreaks
7:6 (7:1), 6:1, 4:6, 7:6 (7:3) besiegte. Johansson hatte in den
letzten Wochen auf Rasen die Turniere von Halle und Nottingham
gewonnen.
Weniger gut als Roddick schlug sich Virginia Ruano-Pascual, die
am Montag die handicapierte Martina Hingis geschlagen hat. Die
Spanierin konnte den Sieg gegen Hingis nicht bestätigen und verlor
gegen die Russin Lina Krasnorutskaja 3:6, 6:7. Grosse Probleme
hatte auch Justine Henin (Be/8) gegen Qualifikantin Kristie
Boogert. Die Paris-Halbfinalistin, die als höchste Gesetzte im
obersten Tableauviertel vom Hingis-Ausscheiden profitieren könnte,
gewann erst nach einem 5:7, 1:4-Rückstand mit 5:7, 7:5, 6:2.
(sda)