Judo: Schmutz gewinnt EM-Silber

Im Final gegen die Belgierin Inge Clément bewies die nur 1,56 m Schmutz grosses Kämpferherzen. Erst 20 Sekunden vor Ende der Vierminuten-Kampfzeit musste sie die entscheidende Waza-Ari-Wertung hinnehmen. Trotz offensichtlichen Schmerzen an ihrer seit Monaten lädierten Hüfte hatte sie 50 Sekunden vor Ende einen Yuko-Rückstand mit einem Schulterwurf ausgleichen können.

Wenn Schmutz in dieser Aktion das gegnerische Kimono am Arm hätte festhalten können, wäre beim Ziehen die Gegnerin auf den Rücken und nicht bloss auf die Schultern gefallen. So wäre vor den Augen von Prinz Albert von Monaco zum zweiten Mal nach 1978 und der Open-Siegerin Vreni Rothacher eine Schweizerin Judo-Europameisterin geworden. Gegen Clément hatte Schmutz schon wiederholt verloren, aber in jüngerer Vergangenheit beispielsweise im Februar 2000 am A- Weltturnier in Moskau um Rang 3 gewonnen.

Isabelle Schmutz war 1998 in Oviedo (Sp) als Dritte bereits einmal auf das EM-Podest gekommen. Ausserdem hat die Psychologie- Studentin aus Lausanne schon vier bedeutende Weltturniere zu ihren Gunsten entschieden. Letztmals in diesem Jahr, als sie im Final der Atlanta-Olympiasiegerin Marie-Claire Restoux das Nachsehen gab. Auch sonst hat Schmutz schon alles besiegt, was in ihrer Kategorie Rang und Namen hat. Eine WM-Medaille fehlt der zweifachen Olympia- Teilnehmerin allerdings noch. Eine WM-Medaille hat bei den Frauen bislang nur Monika Kurath (1997) für die Schweiz gewinnen können.

Mit zwei Ippon-Siegen war Schmutz überzeugend in die EM gestartet. Im Halbfinal revanchierte sich Schmutz dann gegen die zweifache EM-Zweite und ehemalige Juniorinnen-Weltmeisterin Georgina Singleton (Gb) für ihre EM-Halbfinal-Niederlage von 1998. 30 Sekunden vor Schluss gelang Schmutz der Yuko-Ausgleich, sodass sie mit Koka in Führung ging und diese über die Distanz brachte. 15 Sekunden vor Schluss musste sie sich wegen Hüftproblemen behandeln lassen, die sich bereits im ersten Kampf bemerkbar gemacht hatten.

Göldi im Turban

Schmutz überstrahlte mit ihrem Titelgewinn das ansonsten nur mässige Abschneiden der übrigen Schweizer EM-Teilnehmer. Lena Göldi gelang mit Rang 7 in der Klasse bis 57 kg immerhin noch die WM- Qualifikation für Ende Juli in München. Dominique Hischier (bis 81 kg) und Christoph Keller (bis 73 kg) scheiterten nach Auftaktsiegen.

Göldi steht nach Paris immerhin als dritte Schweizer WM-Teilnehmerin neben Aschwanden (bis 81 kg) und Schmutz fest. In Paris verpasste Göldi den Kampf um die Bronzemedaille nur knapp. Im Hoffnungsrunden-Final unterlag Göldi der Tschechin Michaela Vernerova durch ein Koka im «sudden death». Da die 22-jährige Bielerin nur auf den Bauch fiel, war die Wertung zwar umstritten. Doch es hätte der frischgebackenen Maturantin in dieser Phase ohnehin ein Shido (Strafe wegen mangelndem Angriffsgeist) gedroht.

In der regulären Kampfzeit war die Auseinandersetzung nach 73 Sekunden wegen eines Kopfzusammenstosses unterbrochen worden. Göldi musste sich wegen einer Platzwunde einen Turban auftragen lassen, während Vernerova einen Zahnschaden erlitt. «Der gut fünfminütige Unterbruch ist Vernerova mehr zu Gute gekommen. Sie konnte sich vom vorgelegten Tempo von Göldi erholen», meinte Nationalcoach Leo Held. Göldi war ihrerseits aber ein Trainingsrückstand in der mangelnden Athletik beim Durchziehen der Techniken anzumerken.

Gegen Titelverteidigerin Barbara Harel (Fr) lag anschliessend mehr als eine ehrenvolle Yuko-Niederlage drin. Immerhin besiegte Göldi mit Kifaya Gasimowa (Ase) eine eigene Nachfolgerin als Juniorinnen-Europameisterin.

Lehrgeld bezahlt

Für Hischier waren die Fussstapfen von Titelverteidiger Sergei Aschwanden zu gross. Der 22-jährige Genfer, der als starke Nummer 2 in Aschwandens Limit eine EM-Bewährungschance erhielt, während Sergei Aschwanden für die WM-Teilnahme in München von Ende Juli gesetzt ist, schaffte nur einen Startsieg gegen den Italiener Salvatore Allegra.

Irakli Uznadze (Tür) bekam Hischier nie richtig zu fassen. Und in der Hoffnungsrunde liess sich Hischier vom Spanier Oscar Fernandez geradezu spielend Ippon werfen. Mit Uznadze und Fernandez holten immerhin beide Hischier-Bezwinger die Bronzemedaillen.

EM-Debütant Christoph Keller (23, Brugg) zahlte in der Klasse bis 73 kg das erwartete Lehrgeld. Im ersten Kampf nutzte er eine aufgelegte Haken-Konterchance zu einem Ippon gegen den Slowenen Goran Hasaj aus. Doch im zweiten Kampf gegen den stämmigen Nicolaj Belocosow aus Moldawien blieb er chancenlos und verlor vorzeitig.

(kil/sda)