Die Geduldsprobe hat ein Ende

Genau so fühlte man sich an der ersten Schweizer Vorführung von «Indiana Jones 4», als endlich das Emblem der Paramount-Pictures, der matterhorn-ähnliche Berg, auf der Leinwand erschien, und in klassischer Manier überblendet wurde in die Indy-Bergspitze.

Die Vorfreude hat gehalten

Es war die längste je herausgezögerte Freude über ein Geschenk: 19 Jahre liessen uns Spielberg und Lucas warten. 19 Jahre, die auch für Harrison Ford eine Ewigkeit waren.

Er musste die Frage, ob er nochmals Indy spielen würde, ungefähr eine Trillion Mal beantworten. Wir sassen uns im Spiegelsaal des Dolder gegenüber, lange bevor man dort laut über Renovation nachdachte, und irgendwie musste die Frage ja gestellt werden.

«Wird es einen vierten Indiana-Jones-Film geben?»

Ich fand sie dumm, weil Mr Ford sie damit Eine-Trillion-Plus-Eins Mal beantworten müsste. Obwohl es um einen ganz anderen Film ging, schien dennoch die Frage ebenso legitim wie zu jeder Zeit passend. «Wird es einen vierten Indiana-Jones-Film geben?»

Ich erinnere mich genau: Dr. Jones, ich meine: Mister Ford, hatte die vorangegangenen Erkundigungen mit einer Mischung aus freundlicher Langeweile und offenkundiger Ablehnung beantwortet, mit einem Ausdruck, als halte man Indiana Jones eine lebende Schlange vors Gesicht.

«Ich sage nur, ich möchte, dass es passiert»

Jetzt rückte er aus seinem Polstersessel nach vorne, als wecke erst diese Anfrage seine volle Aufmerksamkeit. «Es wird einen vierten Teil geben», erklärte er mit seiner Grabesstimme, die die berühmte Narbe unter der Lippe vibrieren liess. Doch um voreilige Journalisten gleich wieder an die Zügel zu nehmen, setzte er einen Atemzug später nach: «Ich kündige den Film hier nicht an. Ich sage nur, ich möchte, dass es passiert.»

Jetzt ist es passiert

Harrison Ford hatte wohl dasselbe Christkind. Er darf ihn noch mal spielen, wir dürfen ihn noch mal sehen. Es ist alles da, was wir wollten: der Schlapphut, die Peitsche, die Trompeten-Marsch. Natürlich Bösewichter, denen das Fleisch von den Knochen fällt, weil sie sich mit den Kräften des Bösen einliessen. Und alles, was da im Dschungel kreucht und fleucht und sich eignet, mit den Schuhen zerquetscht zu werden.

Wir haben gekriegt, worum wir so lange bettelten. Und jetzt das Bittersüsse. Noch während wir es kriegen, spüren wir, wie sich das angenehme Gefühl der Vorfreude auflöst und einer allzu realen Emotion Platz macht. Denn irgendwie erinnert uns der Anblick eines ergrauten Indiana Jones an unsere eigene Vergänglichkeit. Es ist, als hätte man sich als Kind einen Teddybären gewünscht und ihn erst als 19-Jähriger erhalten: Nicht nur der Mann mit der Peitsche ist älter geworden. Die Zeit lief für uns genauso weiter.

(von Roland Schäfli, Zürich/news.ch)