Technisches Problem schuld an illegaler E-Mail-Infiltrierung
Washington - Der US-Geheimdienst NSA hat jahrelang illegal Zehntausende E-Mails und andere elektronische Kommunikationsdaten von US-Bürgern gesammelt. Das geht aus bislang geheimen Gerichtsdokumenten hervor, welche die US-Regierung am Mittwoch zur Veröffentlichung freigab.
Die Überwachung endete, als ein für die Kontrolle der Geheimdienste zuständiges Spezialgericht einschritt und die Praxis für verfassungswidrig erklärte, wie ein Regierungsvertreter am Mittwoch in Washington ausführte.
Die Regierung in Washington hob die Geheimhaltungspflicht für dieses Urteil des Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) aus dem Jahr 2011 nun auf. Der Regierungsvertreter erklärte, die NSA habe damals nicht absichtlich die rechtlichen Grenzen überschritten.
"Dies ist keine ungeheuerliche Überschreitung durch eine gierige Behörde, die Amerikaner ausspionieren will, sondern ein technisches Problem, das in eine unbeabsichtigte Sammlung einer geringen Zahl von Kommunikationsdaten resultierte", sagte der Vertreter.
Nicht sauber gefiltert
Den Angaben zufolge hatte die National Security Agency systematisch internationale Daten abgegriffen, die durch Leitungen in den USA flossen. Ziel sei die Überwachung ausländischer Kommunikation gewesen, allerdings hätten die E-Mails von US-Bürgern nicht sauber herausgefiltert werden können.
In dem Dokument des FISC heisst es, dass dadurch zwischen 2008 und 2011 jährlich bis zu 56'000 "inländische Kommunikationen" bei den Geheimdiensten gelandet seien. Einem Bericht der Zeitung "Wall Street Jounal" zufolge war es der NSA technisch möglich, 75 Prozent des E-Mail-Verkehrs in den USA zu durchforsten.
Das Büro des Direktors der Nationalen Nachrichtendienste teilte hierzu mit: "Die NSA 'tastet' etwa 1,6 Prozent des weltweiten Internetverkehrs 'an'." Analysiert würden nur 0,00004 Prozent.
Für die Überwachung der elektronischen Kommunikation von US-Bürgern oder Menschen auf US-Staatsgebiet benötigt die NSA einen individuellen Gerichtsbeschluss. Für die Daten von Ausländern gilt dieser rechtliche Schutz in den USA aber nicht.
Kritik der Bürgerrechtler
Bürgerrechtsgruppen kritisierten die Offenlegung der Dokumente als nicht weitgehend genug. Mark Rumold von der Electronic Frontier Foundation sagte der Nachrichtenagentur AFP, der FISC könne seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrnehmen.
Der Richter selbst habe der Regierung mangelnde Transparenz beim Vorgehen der NSA vorgeworfen. Rumold forderte die Einrichtung einer parlamentarischen Untersuchungskommission.
Die Dokumente offenbaren zudem bisher unbekannte Spannungen zwischen dem Gericht und den US-Behörden. In weniger als drei Jahren habe die Regierung drei Mal einräumen müssen, dass sie das Ausmass eines Überwachungsprogramms falsch dargestellt habe, heisst es an einer Stelle.
So sei das Gericht bei der Erlaubnis für ein Programm zur Sammlung von Telefondaten seit Mai 2006 systematisch hinters Licht geführt worden. Entgegen den Zusicherungen der Regierung habe die NSA in ihren Systemen regelmässig unerlaubte Anfragen durchlaufen lassen.
Transparenz auf einem Regierungs-Blog versprochen
In einer Mitteilung des Open Technology Institute heisst es: "Es ist an der Zeit, dass sich die Regierung Obama zum vollen Ausmass der Abläufe klar äussert." Die grösste Herausforderung für die Regierung sei, das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederzugewinnen, sagte der Leiter des Instituts, Sascha Meinrath.
Mit dem Gerichtsurteil wurde am Mittwoch eine Reihe weiterer Dokumente in Zusammenhang mit dem Spähprogramm "Prism" veröffentlicht, nachdem Präsident Barack Obama dies vor zwei Wochen in einer Pressekonferenz angekündigt hatte. Die Dokumente befinden sich auf dieser Internetseite (LINK).
Nach und nach sollen in dem Blog Dokumente, Mitteilungen und andere Informationen veröffentlicht werden. Betrieben wird sie vom Büro des US-Geheimdienstdirektors James Clapper.
(dap/sda)
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