Forderung nach mehr Grenzwächter an Bund

Tessiner Regierungspräsident will Grenze dicht machen

publiziert: Sonntag, 21. Jun 2015 / 15:32 Uhr
Regierungspräsident Norman Gobbi: «Wir müssen ein Zeichen setzten und illegale Einwanderer an der Südgrenze stoppen und zurückweisen.»
Regierungspräsident Norman Gobbi: «Wir müssen ein Zeichen setzten und illegale Einwanderer an der Südgrenze stoppen und zurückweisen.»

Bern - Angesichts des wachsenden Zustroms von Asylsuchenden erwägt der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi die Schliessung der Südgrenze. Zudem fordert er vom Bund mehr Grenzwächter, um der Situation Herr zu werden.

8 Meldungen im Zusammenhang
«Wenn der Andrang der Asylsuchenden aus Italien anhält, müssen wir die Grenze vorübergehend schliessen», wird Gobbi in der NZZ am Sonntag zitiert. Nur so könne die Schweiz Druck auf andere Staaten machen, die «ihren Pflichten nicht nachkommen» würden.

«Wir erledigen die Arbeit für Italien und die EU, vor allem bei der Identifizierung der Migranten», sagte Gobbi in einem Interview mit der Schweiz am Sonntag. Das Tessin sei im Asylbereich faktisch die Südgrenze Deutschlands.

Vom Bund fordert Gobbi mehr Grenzwächter: «Wir müssen ein Zeichen setzten und illegale Einwanderer an der Südgrenze stoppen und zurückweisen.» Das Schengen-Abkommen und die Dublin-Verordnung funktionierten derzeit nicht.

Damit spielt Gobbi darauf an, dass gemäss den Dublin-Regeln das Ankunftsland von Flüchtlingen für deren Asylgesuche zuständig ist. Tatsächlich versuchen aber viele Flüchtlinge, etwa von Italien aus in andere Länder weiterzureisen. Systematische Grenzkontrollen gehören seit dem Schengen-Abkommen der Vergangenheit an.

Frühe Triage

Für FDP-Präsident Philipp Müller kommt dennoch eine Grenzschliessung nicht in Frage. «Wir können die Grenzen nicht dicht machen, das ist illusorisch», sagte er in einem Interview mit der NZZ am Sonntag.

Nötig sei es, Kriegsvertriebenen vorübergehend Schutz zu bieten - ohne den Aufwand eines Asylverfahrens. Denkbar seien Lager nahe an ihren Heimatländern, wo Flüchtlinge bleiben könnten, «bis in ihrer Heimat Frieden herrscht».

Andererseits müssten Wirtschaftsflüchtlinge schon früh aus dem Asylbereich ausgeschieden und zurückgeschafft werden. «Die Triage, wer in Europa Asyl erhält und wer nicht, muss in diesen Sicherheits-Camps stattfinden», erklärte Müller. Umfassend sei das Problem aber nur mit Zusammenarbeit innerhalb Europas zu lösen.

Eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist laut dem Schengener Abkommen dann möglich, wenn eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt. «Diese Voraussetzungen sind zurzeit nicht erfüllt», hiess es am Sonntag dazu auf Anfrage schriftlich vom Staatssekretariat für Migration (SEM). Der Entscheid obliegt dem Bundesrat.

Engpässe in Chiasso

Dass die Lage im Tessin tatsächlich schwierig ist, bestätigen Zahlen der Zollverwaltung und des SEM. Das Grenzwachtkorps (GWK) registrierte in der Region Chiasso TI von Januar bis Mai 3150 «rechtswidrige Aufenthalter». Dies entspricht 45 Prozent aller an Schweizer Grenzen festgestellten Fälle.

Bereits seit Mitte Mai werden auch überdurchschnittliche Asylgesuchszahlen verzeichnet. Allein am vergangenen Wochenende kamen 350 Flüchtlinge neu im Empfangs- und Verfahrenszentrum Chiasso an, was dort zu Engpässen führte. Bislang mussten aber noch keine Migrantinnen oder Migranten abgewiesen werden, wie das SEM am Sonntag mitteilte.

Die Grenzwacht verstärkte als Reaktion ihre Einsätze an der Südgrenze. Dafür wurden zusätzliche Mitarbeitende aus anderen Regionen ins Tessin beordert. Polizei, verschiedene Kantonsbehörden und die Grenzwacht bildeten zudem einen Krisenstab.

Mehr Plätze geschaffen

Um den Ansturm abzufedern schuf das SEM in Zusammenarbeit mit den Kantonen auch mehr Unterbringungsplätze für die Flüchtlinge. Im Tessin öffneten kurzfristig drei Zivilschutzanlagen ihre Tore. Dort finden insgesamt rund 150 Personen Unterschlupf. Mehrere dutzend Personen wurden in andere Empfangszentren gebracht.

Auch in der Deutschschweiz wurden in jüngster Zeit weitere 160 Plätze bereitgestellt. Zusätzliche Eröffnungen sind in Prüfung.

Der Berner Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser plant, erneut Gemeinden dazu zu verpflichten, Zivilschutzanlagen zur Verfügung zu stellen. Bereits im vergangenen Sommer musste der Kanton zu der Notmassnahme greifen und Gemeinden zur Unterbringung verknurren.

Für Käser, seines Zeichens auch Präsident der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, ist es nicht heikel, Asylsuchende in unterirdischen Anlagen unterzubringen, wie er im Interview mit der Zentralschweiz am Sonntag sagte. «Angehörige des Zivilschutzes und unserer Armee haben alle auch in den Anlagen übernachtet.»

(asu/sda)

Machen Sie auch mit! Diese news.ch - Meldung wurde von 2 Leserinnen und Lesern kommentiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bellinzona - Der Tessiner Regierungspräsident Norman Gobbi spricht sich dafür ... mehr lesen
Weitere Verhandlungen zwischen der Schweiz und Italien im Steuerbereich sind aus Sicht des Tessiner Regierungspräsidenten Norman Gobbi «überflüssig». (Archivbild)
NZZ am Sonntag: Der Fonds von AHV, IV und Erwerbsersatzordnung legt künftig kein Geld mehr in Agrarrohstoffen und Vieh an.
Bern - Missionieren in Interlaken, Interpretieren in Graubünden und Reparieren bei der Schweizer Armee: Dies und mehr steht in den Schlagzeilen der Sonntagspresse. mehr lesen
Bern - Die Zahl der Asylgesuche ist ... mehr lesen 3
Im Vergleich zu Gesamteuropa sei die Zunahme der Asylgesuche moderat. (Symbolbild)
Der Tessin ist die wichtigste Route für Migranten aus Italien.
Bellinzona - In der vergangenen ... mehr lesen 1
Bern - Die Schlagzeilen im Überblick: mehr lesen 1
Schweiz am Sonntag: In der Schweiz fehlen rund 500 Plätze in Frauenhäusern.
Weitere Artikel im Zusammenhang
Bereits seit Mitte Mai werden überdurchschnittlich hohe Asylgesuchszahlen verzeichnet.
Bern - In den vergangenen Tagen ... mehr lesen 1
Zürich - Der Bund weist den Kantonen mehr Asylsuchende zu. Grund: In den ... mehr lesen
Der Bund weist den Kantonen mehr Asylsuchende zu.
Dicht machen, abschotten,
da braucht man wenigstens nicht viel nach zu denken.
Die Motivation der Flüchtenden ist ja auch egal, verstehe sie so wie nicht, viel zu kompliziert! Dicht machen, abschotten! Das Hirn braucht schliesslich von allen Organen am meisten Energie. Energiesparen ist angesagt.
Der...
immer wieder gemachte Vorschlag, sichere Zonen und Auffanglager für Wirtschaftsflüchtlinge in Afrika zu errichten, ist die einzig richtige Lösung.
Doch sollte man sich darüber keine Illusionen machen. Das wird nicht kommen.
Zwei politische Hinderungsgründe stehen dem entgegen. Zunächst erforderte dies politischen Gestaltungswillen. Wer sollte den aufbringen?
Zudem ist das Expedieren von grossen Kontigenten, überwiegend afrikanischer Muslime nach Europa, ein politisches Projekt an sich. Es gäbe also keinerlei Motivation, daran etwas ändern zu wollen.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Der Trend geht zu grösseren Wohnungen.
Der Trend geht zu grösseren Wohnungen.
Die EKW beobachtet den Wohnungsmarkt  Bern - Die Bedeutung des Wohnens hat während der Pandemie zugenommen. Grössere Wohnungen und Wohneigentum waren während der letzten Monate besonders gefragt. Dies sind Beobachtungen der Eidgenössischen Kommission für Wohnungswesen EKW. Sie bilden eine Momentaufnahme des zweiten Halbjahres 2021. Die EKW wird die Situation im Rahmen ihres Mandats weiter beobachten. mehr lesen 
Verbände Bern - Um den Herausforderungen der saisonbedingten Arbeitslosigkeit und des Fachkräftemangels im ... mehr lesen  
Durch die Massnahme sollten Saisonmitarbeitenden im Gastgewerbe Ganzjahresperspektiven geboten werden.
Private Radio- und Fernsehveranstalter werden mit 30 Millionen Franken aus der Radio- und Fernsehabgabe direkt unterstützt.
57.5 Millionen Franken für entgangene Werbeeinnahmen  Bern - Die Coronavirus-Pandemie trifft die Medien hart. Ihre Werbeeinnahmen sind bereits drastisch ... mehr lesen  
Reaktionär  Bern - Gegen die geplante Stiefkindadoption für Homosexuelle regt sich Widerstand. Sollte das Parlament das neue Adoptionsrecht in der vorliegenden Form verabschieden, ... mehr lesen 3
Reaktionäre Kräfte schliessen sich für das Referendum zusammen, mit dabei auch EDU-Präsident Hans Moser.
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.auktionen.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 2°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Basel 6°C 14°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt bedeckt, wenig Regen
St. Gallen 1°C 12°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Bern 3°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt bedeckt
Luzern 3°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Genf 8°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt trüb und nass
Lugano 8°C 11°C bedeckt, wenig Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten