Anschlag in Boston

Dagestan: US-Terrorverdächtiger hatte keinen Kontakt zu Terroristen

publiziert: Mittwoch, 24. Apr 2013 / 13:42 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 24. Apr 2013 / 19:46 Uhr
Der Attentäter von Boston hatte vermutlich keinen Kontakt zu Terroristen. (Archivbild)
Der Attentäter von Boston hatte vermutlich keinen Kontakt zu Terroristen. (Archivbild)

Moskau - Die US-Behörden hatten einen der mutmasslichen Attentäter von Boston auf einer geheimen Liste mit potenziellen Terroristen. Sie verloren ihn aber im Daten-Wust aus den Augen, wie aus Ermittlerkreisen verlautete.

6 Meldungen im Zusammenhang
Angaben über Tamerlan Zarnajew seien in die TIDE-Datei des nationalen Anti-Terror-Zentrums eingegeben worden, hiess es. Der Grund dafür sei gewesen, dass die Bundespolizei FBI 2011 mit dem ethnischen Tschetschenen nach einem Hinweis der russischen Behörden gesprochen habe. Diese hatten mitgeteilt, der in den USA lebende Zarnajew sei möglicherweise ein Anhänger radikaler Muslime.

Das FBI habe Zarnajew zwar nicht als eine aktive Bedrohung gewertet, hiess es in den Kreisen. Gleichwohl setzte das FBI ihn auf die TIDE-Liste, die mehr als eine halbe Million Namen umfasst.

TIDE ist eine Namenssammlung von Menschen in der ganzen Welt, die die US-Behörden als bekannte, verdächtige oder mögliche Terroristen einstuft. Nur fünf Prozent sind US-Bürger. Wegen des enormen Umfanges der Datei wird nicht jeder Einzelne regelmässig überprüft.

Und TIDE ist nur eine von vielen Sicherheitsdateien, die in den USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angelegt wurden. Die Sammelwut der US-Behörden war bereits wiederholt Gegenstand harscher Kritik.

Tamerlan Zarnajew und sein jüngerer Bruder Dschochar werden verdächtigt, den Anschlag auf den Marathon von Boston vergangene Woche verübt zu haben. Dabei starben drei Menschen, mehr als 260 wurden verletzt.

Aufarbeitung möglicher Versäumnisse

Die republikanische Senatorin Susan Collins bemängelte, es habe vor den Anschlägen von Boston auch Probleme damit gegeben, die Informationen zu teilen. Sie sei beunruhigt, dass so viele Jahre nach den Anschlägen vom 11. September Kenntnisse noch immer nicht effektiv ausgetauscht würden.

Collins äusserte sich nach einer Befragung von FBI-Vizedirektor Sean Joyce und anderer Behördenvertreter durch Kongressabgeordnete. Dabei ging es vor allem um die Frage, wie das FBI den getöteten Tamerlan Zarnajew wieder aus dem Blick verlor.

Vor dem Justizausschuss des US-Senats in Washington hatte die Ministerin für innere Sicherheit, Janet Napolitano, eingeräumt, dass die Ausreise von Tamerlan Zarnajew in die russischen Kaukasusrepubliken Dagestan und Tschetschenien den US-Behörden zwar bekannt war, seine Rückkehr ihnen aber entging.

Der republikanische Senator Lindsey Graham beklagte vor Journalisten widersprüchliche Angaben der Behörden: «Wie konnte das Ministerium für innere Sicherheit wissen, dass dieser Typ das Land verlässt und das FBI nicht?»Der Republikaner John McCain forderte Anhörungen vor dem Kongress zur Aufklärung der Widersprüche.

Pass verlängert

Laut dem dagestanischen Innenminister Abduraschid Magomedow hatte Tamerlan Zarnajew vermutlich keinen Kontakt zum islamistischen Untergrund. Er hielt sich 2012 in Dagestan nur auf, um seinen Pass zu erneuern, sagte Magomedow am Mittwoch laut der Agentur Interfax.

Der in den USA angeklagte Verdächtigen Dschochar Zarnajew, der schwer verletzt festgenommen wurde, sagte im Spital aus, dass die Brüder ohne Hilfe internationaler Terrorgruppen gehandelt hätten.

Er bezeichnete laut US-Medien seinen getöteten 26-jährigen Bruder als Drahtzieher des Anschlags in Boston. Ein US-Regierungsvertreter sagte dem Sender CNN, der 19-Jährige habe angegeben, dass Tamerlan «den Islam vor Angriffen schützen wollte».

Tamerlan und Dschochar Zarnajew waren vor etwa zehn Jahren in die USA eingewandert. Ein Angehöriger in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny sagte, die Brüder seien Opfer der russischen Behörden, die sie als Terroristen abgestempelt hätten. Russland habe falsche Informationen an die USA weitergegeben, sagte Said Zarnajew.

Russland wolle den Westen glauben machen, dass ein islamistischer Aufstand in der russischen Nordkaukasus-Region international geworden sei und in einen Angriff auf ein US-Ziel gemündet sei.

(tafi/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
New York - Gut zwei Wochen nach ... mehr lesen
Am 15. April kam es zum Anschlag - drei Personen wurden getötet.
Tamerlan (r.) und sein jüngerer Bruder Dschochar (l.) Zarnajew.
Washington - Zwei Wochen nach den Bombenanschlägen von Boston sorgen neue Berichte über mutmassliche Geheimdienst-Pannen in den USA für Unruhe. So soll die Mutter der beiden ... mehr lesen
New York - Die beiden mutmasslichen Bombenleger von Boston sind laut den Ermittlern auf ihrem Weg zum nächsten Anschlag in New York gestoppt worden. Tamerlan und Dschochar Zarnajew hätten «weitere Sprengkörper auf dem Times Square» zünden wollen, sagte New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg am Donnerstag an einer Pressekonferenz. mehr lesen 
Dschungelbuch Die beiden Meuchelmörder, die Topfbomben bastelten, um Menschen nach stolz überstandenen 42.5km die Gliedmassen abzureissen, stammen also aus Tschetschenien. Meinen Geografieunterricht habe ich vorwiegend hinter der Säule verbracht, also fragen Sie mich nicht, wo das liegt. Irgendwo da hinten, gen Osten halt. mehr lesen  2
New York - Gut eine Woche nach ... mehr lesen
Eine Woche nach dem Attentat hat die Frau eines mutmasslichen Täters ihr Schweigen gebrochen. (Archivbild)
Weitere Artikel im Zusammenhang
Attentäter Dschochar Zarnajew.
Washington - Eine Woche nach dem ... mehr lesen
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Der Datenklau trifft die Schweiz hart.
Der Datenklau trifft die Schweiz hart.
Ein unbekannter Hacker oder eine Gruppe von Hackern hat Anfang Juni 2023 sensible Daten des IT-Unternehmens XPlain in der Schweiz gestohlen. Zu den gestohlenen Daten gehören Kundeninformationen, Finanzdaten, geistiges Eigentum und Daten von Schweizer Behörden. mehr lesen 
Fotografie Vom 26. Januar bis 20. August 2023 im Schweizerischen Kameramuseum Vevey  Nach mehrjähriger Arbeit wurde die fotografische Sammlung von Rodolphe Archibald Reiss von der ... mehr lesen  
Der Kriminalist Rodolphe Archibald Reiss (1875-1929).
Die Angriffe auf KMU werden im kommenden Jahr ebenso zunehmen, wie die auf Städte und Gemeinden.
Konzentration auf Ransomware begünstigt Angriffe auf weniger geschützte Bereiche  Jena - Wenn die Kassen in Elektro-Flächenmärkten nicht mehr klingeln, im Strassenverkehrsamt keine Kfz zugelassen werden können oder Kliniken neue Patienten abweisen ... mehr lesen  
Spyware der israelischen Firma Candiru im Fokus der Ermittlungen  Jena - Die Forscher des europäischen IT-Sicherheitsherstellers ESET haben strategische Angriffe auf die Webseiten von Medien, Regierungen, Internet-Service-Providern und Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen aufgedeckt. Im Fokus stehen nach aktuellen Erkenntnissen Organisationen in Ländern des Nahen Ostens bzw. mit Verbindungen dorthin. mehr lesen  
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=19&col=COL_2_1
Titel Forum Teaser
  • paparazzaphotography aus Muttenz 1
    Foto Sanatorio Liebes news.ch Team, es ist für mich eine Ehre dass sie mein Foto des ... Di, 03.01.17 22:12
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Motor hinten oder vorne war dem Tram in Basel völlig egal! Ob ein Auto über- oder untersteuert, ist nicht von der Lage des Motors ... Mi, 01.06.16 10:54
  • Mashiach aus Basel 57
    Wo bleibt das gute Beispiel? Anstatt sichere, ÜBERSTEUERNDE Heckmotorwagen zu fahren, fahren sie ... Mo, 30.05.16 11:56
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Zugang "Das sunnitische Saudi-Arabien, das auch im Jemen-Konflikt verstrickt ... So, 29.05.16 22:06
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Pink Phanter-Bande? Am 25. 7. 2013 hat eine Befreiung von Pink Panther-Mitglied Milan ... So, 29.05.16 15:38
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    ja, weshalb sollte man solches tun? Ist doch krank, Gott zu beschimpfen! Das hat etwas, ... So, 29.05.16 12:12
  • Gargamel aus Galmiz 10
    Warum sollte man überhaupt den Glauben an Gott beschimpfen oder verspotteten? Wie krank ... So, 29.05.16 10:11
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Wir sind ja alle so anders als diese "Flüchtlinge". Warum sind auch nicht alle so edel, wie ... Sa, 28.05.16 20:25
Unglücksfälle Zorn über Tötung von Gorilla in US-Zoo Cincinnati - Die Tötung eines Gorillas im Zoo der ...
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 2°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Basel 5°C 13°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt bedeckt, wenig Regen
St. Gallen 2°C 12°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Bern 3°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt bedeckt
Luzern 3°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt
Genf 7°C 13°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt trüb und nass
Lugano 8°C 12°C bedeckt, wenig Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten