«Eingesperrt in Wildschweinkäfige» - Heimerziehung als Horrortrip

publiziert: Donnerstag, 6. Apr 2006 / 22:49 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 6. Apr 2006 / 23:13 Uhr

Madrid - Die Berge und Wälder bei Figueras im Nordosten Spaniens sind eine paradiesische Landschaft. Die Schweizer Jugendlichen, die dort in einem Erziehungsheim untergebracht waren, scheinen dagegen einen Horrortrip erlebt zu haben.

Die Erzieher benutzten einen Käfig als Erziehungsinstrument.
Die Erzieher benutzten einen Käfig als Erziehungsinstrument.
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«Wenn die Jungen sich stritten oder ihre Arbeiten nicht erledigten, wurden sie mit Knüppeln geschlagen oder stundenlang in Wildschweinkäfige gesperrt», berichtete der Ermittler Antoni Verger von der katalanischen Regionalpolizei.

«Oder die Jungen wurden bestraft, indem sie tagelang nur Müsli mit Milch zu essen bekamen.» Ein idyllisch in den Ausläufern der Pyrenäen gelegener, alter Bauernhof bildete das Zentrum des Heims. Im Hof stehen mehr als ein Dutzend Wohnwagen, in denen die Jungen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren untergebracht waren. Die Jugendlichen galten als problematisch. In dem Heim sollte - in enger Verbindung mit der Natur - ihr Verhalten korrigiert werden.

4000 Euro für sechs Wochen

Die Eltern in der Schweiz zahlten nach Angaben der spanischen Polizei bis zu 4000 Euro für einen sechswöchigen Aufenthalt. «Die Jungen sollten zu einem besseren Betragen erzogen werden, aber sie wurden behandelt wie die Tiere», schrieb die Zeitung «El Periódico de Catalunya» am Mittwoch. Die Wohnwagen, in denen im Laufe der vergangenen zwei Jahre vermutlich Hunderte von Jugendlichen einquartiert waren, befanden sich nach Angaben der Polizei in verwahrlostem Zustand und waren «unbewohnbar».

Die spanischen Behörden liessen das Heim schliessen. Die drei Erzieher - ein Schweizer, ein Franzose und eine Italienerin - hatten in Spanien keinerlei Erlaubnis für das Betreiben des Zentrums. «Sie hatten weder ein Diplom noch eine Ausbildung als Erzieher», betonte die zuständige Beamtin Pia Bosch. Die drei Betreiber wurden festgenommen, später aber wieder freigelassen unter der Auflage, sich alle zwei Wochen beim Gericht zu melden.

«Völlig verfehlt»

Eine spanische Expertin betonte, die auf dem Bauernhof angewandten «extremen Methoden» der Erziehung seien in professioneller Hinsicht völlig verfehlt. «Eine Misshandlung ist immer unzulässig», betonte die Psychiaterin und Familientherapeutin Imma Massip.

«Gewalt ruft immer neue Gewalt hervor.» Die Betreiber bestritten die Vorwürfe. «Ich habe nie einen Jungen geschlagen», sagte der aus der Schweiz stammende Leiter der Einrichtung der Zeitung «El País». «Die einzige Bestrafung war, dass ein Junge mal für ein paar Stunden im Bad eingeschlossen wurde.»

Die Polizei war auf das Heim aufmerksam geworden, als kürzlich vier Jungen ausgerissen waren. Einer von ihnen wurde in Figueras am Bahnhof aufgegriffen. Er hatte Blutergüsse und andere Verletzungen. Die anderen drei Jungen gelangten nach den Angaben auf eigene Faust in die Schweiz zurück.

(Hubert Kahl/sda)

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