Durchschnitt: Ungenügend
publiziert: Mittwoch, 19. Feb 2003 / 20:42 Uhr / aktualisiert: Freitag, 21. Feb 2003 / 13:45 Uhr
Es begab sich zu einer Zeit, da hatten alle eine Meinung und, um Peter Glaser zu zitieren, auch eine Deinung und eine Seinung. Die einen demonstrierten, die anderen bekundeten Solidarität und die dritten setzten sich sehr präzise zwischen alle Stühle. Doch ist es mitunter angeraten, ein paar Schritte von der absoluten Aktualität zurückzutreten und einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Wer ist denn noch glaubhaft? Geben wir mal Noten (nach der Schweizer Tabelle: 1 für ganz schlecht bis 6, sehr gut).
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USA: Nachdem Osama Bin Laden nicht zu erwischen war, musste ein anderer Buh-Mann her. Und da Papa Bush Saddam damals nicht wegputzen konnte, will es jetzt der Sohn besser machen. Vermutlich werden am Ende einfach wieder die Kurden verraten und verkauft (entweder an die Türkei oder an die neue irakische Führung), die Ölindustrie subventioniert und die christlichen Fundamentalisten mit einem Pseudo-Kreuzzug beglückt. Dass sich dieser Feldzug für die Freiheit vor dem Hintergrund einer 'New World Order' abspielt, die mit einem Imperium Americanum seine Vollendung finden soll, macht die USA in der Rolle als Fighter for Justice nicht glaubhafter. Note 2,5
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Irak: Wenn Saddam so unschuldig wäre, wie er tut, wäre er vermutlich schon lange nicht mehr an der Macht. Er hat die UNO-Resolutionen seit 1991 immer wieder gebrochen und dabei behauptet, er sei ganz, ganz unschuldig - jüngstes Beispiel sind die Al Samoud 2 Raketen, die eine zu grosse Reichweite haben. Er hat gelogen, lügt sehr wahrscheinlich auch jetzt und wird es auch in Zukunft nicht so genau mit der Wahrheit nehmen, wenn er dazu überhaupt noch die Gelegenheit bekommt. Note: 2
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Frankreich: Friedensengel mit schmutzigen Händen. Mit äusserstem diplomatischen Geschick laviert Frankreich zwischen Absicherung der französischen Interessen und dem Image des unerschrockenen Friedenskämpfers hin und her. Denn sollte es zu einem Krieg im Irak kommen, wird Frankreich auf der Gewinnerseite sein – oder zumindest alles machen, um auf diese zu kommen, ob andere Kriegsgegner dann im Regen stehen, ist Wurst. Dass der Spitzname von Jacques Chirac bei den Irakischen Kurden 'Jacques Iraq' ist, sagt einiges. Note: 1.5
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Deutschland: Sicher die Ungeschicktesten, aber irgendwie auch die Liebenswürdigsten. Das Nie-Wieder-Krieg-Lied, dass Deutschland nach dem 2. WK 45 Jahre lang singen musste, hat sich so tief eingeprägt, dass die daraus folgenden Impulshandlungen politisch unklug, aber glaubhaft sind. Die Deutschen übrigens versuchen als letzte Nation den afghanischen Trümmerhaufen der Amis zu einer Demokratie wiederaufzubauen. Ein Widerwillen gegen ein Replay im Irak ist da irgendwie verständlich. Note: 3,5 (Fleiss: 6)
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Spanien, Italien: Ausgestattet mit Armeen, die nicht einmal zum Angriff auf San Marino oder Andorra geeignet wären, rufen sie laut 'Solidarität' mit den USA und bekräftigen ihre Entschlossenheit, den Sturz Saddams mitzutragen. Sprich: Sie werden mit gefalteten Händen den Amerikanern zuschauen und allenfalls Spaghetti, Gambas und eingelegte Oliven, die mit Deutschen EU-Zahlungen finanziert wurden, an die US-Bordküchen liefern. Aznar und Berlusconi gleichen sich in Ihrer pathetischen Grossmannsucht immer mehr – kein Wunder, dass sie jetzt auch schon im Chor singen: Note 1,5.
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Grossbritannien: Tony Blair wird langsam zum Herrscher ohne Volk und seine absolute Solidarität mit George Bush führt ihn im Vereinigten Königreich immer weiter ins Abseits. Dass London unter Tony Blair während Jahren die Welthauptstadt des islamischen Fundamentalismus war – und immer noch ist – kommt belastend hinzu. Seine Laschheit in dieser Hinsicht will er jetzt scheinbar mit religiös anmutendem Aktionismus vergessen machen. Dass er dabei immer mehr wie der englische Sancho Pansa des amerikanischen Don Quichotte aussieht, aber im Gegensatz zu seinem literarischen Vorbild nicht die Stimme der Vernunft ist, macht alles nur noch schlimmer. Note: 2,5
(Patrik Etschmayer/news.ch)
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