Die Zwei auf dem Rücken

publiziert: Freitag, 23. Jul 2004 / 10:50 Uhr

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Nur noch ein riesiges Drama kann verhindern, dass Lance Armstrong zum sechsten Mal in Folge die Tour de France gewinnt. Über die Gründe seiner Überlegenheit wird freudig spekuliert und auch Doping-Gerüchte machen die Runde - wie immer seit seinem Come-Back.

Doch sehr wahrscheinlich ist Armstrong sauber. Sein Trick ist es, seinen Gegnern die Fehler zu überlassen. Sicherlich ist er auch körperlich einer der Stärksten. Doch dies nur, weil er mit grösserer Disziplin an seine Aufgabe geht als seine Konkurrenten.

Analysieren wir doch mal, warum Jan Ullrich, der selbst deklarierte Herausforderer Nr. 1, bisher gescheitert ist.

Der Wahlthurgauer, der dieses Jahr wieder in Telekom-Magenta fährt, schlug sich vor allem selber. Er pfuschte bei seiner Vorbereitung wieder. Nach einem verpatzten Frühling musste er sich erneut mit einem Kraftakt wieder in Form bringen und war so anfällig für Krankheiten. Die Erkältung, die ihn in den Pyrenäen wertvolle Minuten kostete, dürfte eine Folge davon gewesen sein.

Doch selbst ohne diese Krankheit hätte Ullrich dieses Jahr keine Chance gehabt. Denn seine Mannschaft, seine Renntaktik und Mannschaftsleitung hatten gegen das US-Uhrwerk von Armstrong niemals eine Chance.

T-Mobile stellte Ullrich in den Bergetappen höchstens zwei Begleiter, die mithalten konnten. Dieser sah sich vielfach allein mit seinem guten Freund Klöden isoliert mit vier US-Postals und ebenso vielen CSC-Leuten.

Ein Grund dafür war die Entscheidung, Erik Zabel mitzunehmen. Dieser soll das Maillot Verte des besten Sprinters erkämpfen. Zabel wehrt sich zwar tapfer, aber ein Erfolg gegen McEwen ist unwahrscheinlich.

Und Ullrich fehlte so in seinem Kampf ums Gelbe Tricot ein Helfer. Dieser Fehler geht klar auf die Kappe der Mannschaftsführung von T-Mobile.

Denn Armstrongs Überlegenheit über Ullrich in der letzten Tourwoche, der stärksten Zeit des Deutschen, ist einfach erklärt: , dass der Texaner fast immer einen Windschatten hat, dem er folgen und in dem er Kraft sparen kann – enorm wichtig in einer Abnützungsschlacht wie der TdF.

Vielleicht lässt sich durch diese Verlassenheit Ullrichs auch erklären, warum er taktischen Mumpitz zusammenfährt. Seine beeindruckendste Attacke fand am letzten Dienstag statt.

Am Col de l’Echarasson, 60 km und zwei Berge vor dem Ziel, griff Ullrich an. Stark, schnell, entschlossen und absolut hoffnungslos. CSC und US Postal liessen Ullrich in den Gegenwind hinein abdampfen und sich erschöpfen. Er wurde denn auch wieder eingefangen und hatte dann keine Kraft mehr, um den Etappensieg mit zu kämpfen.

Schon im letzten Jahr hatte er eine ähnlich sinnlose Aktion gestartet. Ein Hinweis, auf seine Unfähigkeit, ein Rennen zu lesen? Oder sind dies einfach Verzweiflungstaten?

Auch der Entscheid der Mannschaftsleitung, nach einem schwachen Tag Ullrichs auf eine 'Doppelspitze' mit Klöden umzustellen, so dass dieser Ullrich nicht mehr helfen musste, war absurd. Ullrich wäre zeitlich vermutlich einiges weiter vorne, hätte er seinen Mannschaftskollegen am letzten Sonntag an seiner Seite gehabt.

In diesem Jahr können Ullrich und die T-Mobile Mannschaft also nur noch auf ein Wunder hoffen und für 2005 darauf, dass Armstrong nach seiner Nr. 6 zurücktreten wird. Doch Ullrichs Probleme wird auch das nicht lösen.

Denn dass an einer Tour gleich alle anderen starken Fahrer wie Beloki, Mayo, Heras und Hamilton entweder nicht antreten, ausfallen, sich verletzen oder ausser Form sind, ist eine Ausnahmesituation. Dazu kommen mit Basso und Cunego neue, grosse Talente nach, die einen Ullrich hart fordern und auch schlagen können.

So wird Ullrich wohl auch nach einem Rücktritt von Armstrong nur eine Nummer bleiben: Die 2 auf dem Rücken...

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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