Ende der US-Hegemonie?

publiziert: Montag, 24. Mai 2004 / 15:30 Uhr / aktualisiert: Montag, 7. Jun 2004 / 15:14 Uhr

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Dass sich der Irak für die Bush-Regierung und die USA immer mehr zu einem Desaster entwickelt, ja eigentlich schon eines ist, wird momentan nur noch von sehr wenigen Leuten bestritten. Die Suche nach Gründen hat viele Erklärungen hervorgebracht.

Von der Arroganz der Macht ist da die Rede. Auch von der Inkompetenz der bestimmenden Leute in aussenpolitischen Belangen wird gesprochen. Am interessantesten ist wahrscheinlich der Ansatz, bei dem der Irak-Komplex mit dem Ende der Kolonialzeit der europäischen Grossmächte in Vergleich gesetzt wird.

Die Symptome sind sehr ähnlich. Ebenso die Reaktionen der Öffentlichkeit. Aber auch hier handelt es sich nicht um die Wurzel sondern um die Resultate des Problems. Doch es gibt eine grundsätzliche Parallele zwischen der USA und jenen Kolonialmächten: Das Gottesgnadentum.

Dieses war die Grundlage der Monarchien des alten Europas, die ihre Kolonien zwar aus wirtschaftlichen und militärischen Gründen zusammenrafften, jeweils die Begründung vorschoben, dass es die Aufgabe der von Gott eingesetzten Herrscher sei, dessen Wort unter den Heiden und anderen Ungläubigen zu verbreiten. Diese 'göttliche' - und daher endgültige - Rechtfertigung für koloniale Gräuel, Arroganz gegenüber der lokalen Bevölkerung wendete auch die US-Regierung an.

Bush, der in jeder Rede Gott um Schutz und Hilfe bittet, ist Vertreter einer politischen Unkultur, die nicht in der Lage ist, Fehler zuzugeben. Denn eine Regierung, die glaubt, von Gott eingesetzt worden zu sein, fühlt sich niemandem, ausser dem einen, geliebten Gott gegenüber, verantwortlich. Und dessen Bibelworte sind - wie die Geschichte beweist - auf jede erdenkliche Art interpretierbar.

Innenpolitisch bedeutet dies Kampf gegen die Aufklärung und die Wissenschaft (Evolution, Geburtenkontrolle, Hetze gegen Homosexuelle, Abtreibungsverbote, etc.). Aussenpolitisch hingegen gebiert dieses Denken das berühmte: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!

Genau wie ein rächender, alttestamentarischer Gott benahm sich in der Folge die US-Administration. Die eigenen Erkenntnisse wurden so lange manipuliert, bis sie dem schwarz-weissen Weltbild von G. W. Bush entsprachen. Der Krieg musste kommen, weil dies ein heiliger Krieg sein würde. Mit allen Konsequenzen.

Was nun erschüttert wird, ist der Glaube vieler Amerikaner, dass die USA einen göttlichen Auftrag in der Welt erfüllen. Denn es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder sind die USA, ihre Politiker und Soldaten genau so fehlerhaft wie die anderer Nationen. Oder Gott ist so bösartig wie die Handlungen der Soldaten auf den Schreckensbildern von Abu Ghureib. Die Wahl ist für einen Gläubigen, der an einen lieben Gott glaubt, in diesem Fall klar.

So erwächst aus dieser ganzen Katastrophe vielleicht doch noch etwas Gutes: die erneute Entflechtung von Religion und Politik in den USA. Die Abwahl von George W. Bush wäre der erste Schritt dazu.

Doch ein neuer Präsident Kerry hätte die schmerzliche Aufgabe, vielen Bürgern der Nation beizubringen, dass die USA einfach eine Nation unter vielen sind. Zwar reicher und mächtiger. Aber nicht grundsätzlich besser. Diese Aufgabe wird härter, undankbarer und anstrengender sein alles viele andere. Doch als Resultat wäre es wert: Die USA könnten wieder zu einer grossen statt nur einer mächtigen Nation werden.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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