Wenn der Köppel mit dem Watson...

publiziert: Montag, 29. Okt 2007 / 10:13 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 30. Jun 2010 / 11:12 Uhr

Roger Köppel, Herausgeber der Weltwoche, Herold allen Blocherschens und Lanzenbrecher für jene, die etwas sagen, das politisch unkorrekt scheint, hat einen neuen Helden gefunden, der seiner Meinung nach ungerecht verfolgt wird, weil er es wagte, etwas Provokatives zum Besten zu geben.

Unter der Überschrift «Meinungsterror» verteidigt er die in einem Sunday Times-Interview gemachte Behauptung des Entdeckers der DNA-Struktur, James Watson, dass Afrikaner aus genetischen Gründen dümmer seien als Europäer. Köppel fordert, dass eine wissenschaftliche Debatte darüber statt zu finden habe, statt einfach jemanden dafür zu bestrafen, eine ungeliebte Wahrheit zu sagen, denn Watson berufe sich auf bewiesene Tatsachen und Studien. Der Wissenschaftler wurde inzwischen aus seiner Anstellung beim Cold Spring Harbor Laboratory in London seiner Funktionen enthoben.

Blöderweise hat die Debatte schon längst statt gefunden und flammt seit mehr als einem Jahrhundert immer wieder auf, weil es immer wieder jemand probiert. James Watson hatte lediglich eine widerlich riechende Leiche aus der verstaubten Truhe der Eugenik raus geholt. Seine Position ist nicht aus Gründen der politischen Korrektheit unhaltbar, sondern aus rein wissenschaftlichen.

Es beginnt damit, dass Watson als Genetiker spricht und in dieser Funktion Afrikaner als genetische Gruppe zusammenfasst. Nun ist bereits dies hanebüchener Schwachsinn. Die schwarze afrikanische Bevölkerung ist genetisch so vielfältig, dass erstaunlicherweise manche Afrikaner genetisch näher mit manchen weissen Europäern als mit anderen Afrikanern verwandt sind.

Genetisch gesehen sind 'schwarz' und 'afrikanisch' keine Kriterien. Alleine dies sollte bereits ausreichen, Watson und seine Behauptung zu diskreditieren – wegen öffentlich zur Schau gestellter Inkompetenz. Ernsthafte Genforscher haben diese verblüffenden Tatsachen gründlich erforscht und belegt. Scheinbar hat Watson (und auch Herr Köppel) nichts davon gelesen.

Daher sollte es auch klar sein, dass Studien über die Intelligenz von Schwarzafrikanern oder Afro-Amerikanern vielleicht Differenzen zu der Intelligenz von Weissen und Asiaten feststellen, diese aber nicht auf die genetischen Vorgaben zurückgeführt werden können.

Filtert man bei solchen Studien die sozialen Unterschiede heraus, vergleicht also die Intelligenz armer weisser Kinder in schlechten Bildungseinrichtungen mit jenen von schwarzen Kindern in gleichwertigen Schulen oder von reichen Weissen mit reichen Schwarzen, zeigt sich, dass hier keine signifikanten Unterschiede mehr zu finden sind.

Watson verzichtet zudem auf irgendwelche Argumentationen und stellt seine Behauptung einfach so in den Raum. Wissenschaftlich ist dies ein nicht annehmbares Verhalten. Niemand muss das Gegenteil beweisen, bevor Watson nicht irgendwelche Beweise FÜR seine Behauptung geliefert hat. Doch die sind einfach nicht vorhanden.

Was hingegen vorhanden ist, sind Behauptungen durch die Zeitalter hindurch, dass andere Volksgruppen der eigenen, dominierenden Kultur mental unterlegen sind. Ob dies nun Römer von Kelten und Germanen meinten, Weisse von Juden und Schwarzen, Japaner vom Rest der Welt... es ging eigentlich immer nur um eines: Eine andere Gruppe zu entmenschlichen, zu etwas besseren Tieren zu machen, die man unterdrücken, deren Bildung man vernachlässigen, denen man ohne Scham den Zugang zu höheren sozialen Schichten verweigern, die man, wenn es einem beliebt, auch in Vernichtungslager werfen kann. Denn es sind ja nur «Neger, Juden, Chinesen, Kaffer, Kanaken...»

Am Ende geht es darum, Privilegien der Reichen zu verteidigen: Bildung, Gesundheit und Recht können so einer breiten Bevölkerungsschicht vorenthalten werden. Oder warum sind wohl in den USA und auch in England Privatschulen und Privatkliniken bei wohlhabenden Familien so beliebt?

Nein. Das ist kein Meinungsterror und hat auch nichts mit Gleichheitsfanatismus zu tun, lieber Herr Köppel. Watson hat mit seiner Autorität als Wissenschaftler eine unwissenschaftliche Behauptung gemacht, eine Dummheit in den Raum gestellt und ist nun von anderen Wissenschaftlern, die gewisse Ansprüche an jene stellen, die sich «Kollege» nennen, heruntergeputzt worden.

Vielleicht hätte der Molekularbiologe (der sich auch schon mit sexistischen Ausfälligkeiten profilierte, um die Vorarbeit von Rosalind Franklin zu seiner DNA-Entdeckung zu bagatellisieren) vor seiner dummen Aussage einen Grundsatz der Physik anschauen sollen: Einer Aktion folgt immer ein Reaktion mit mindestens gleicher Energie.

Die vermutlich geheime Hoffnung von Köppel, dass durch einen James Watson die rassistischen Tendenzen der SVP wissenschaftlich unterfüttert würden, demonstriert, dass auch auf der rechten Seite des Politspektrums ideologisches Träumen intellektuelle Klarheit arg zu trüben vermag.

(von Patrik Etschmayer /news.ch)

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