Natascha Kampusch zum Fall von Amstetten

publiziert: Donnerstag, 1. Mai 2008 / 09:00 Uhr

Natascha Kampusch hat im NDR Fernsehen ihr Mitgefühl mit den Opfern des Inzest-Verbrechens von Amstetten in Österreich geäussert. Das Interview mit Kampusch war in der Sendung «Menschen und Schlagzeilen» am Mittwoch, 30. April, zu sehen. Darin spricht die 20-Jährige von «einer grossen Tragik».

Natascha Kampusch nach ihrer Flucht im August 2006 im Interview mit dem ORF-Redakteur Christoph Feurstein.
Natascha Kampusch nach ihrer Flucht im August 2006 im Interview mit dem ORF-Redakteur Christoph Feurstein.
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Der Fall von Amstetten erinnere sie an ihr eigenes Drama: «Je mehr Informationen ich hatte, desto mehr kam mir in den Sinn, dass es sehr viele Parallelitäten hatte».

Grosse Betroffenheit

Das Schicksal der 42-jährigen Elisabeth F. habe bei ihr grosse Betroffenheit ausgelöst. Die Frau war 24 Jahre lang von ihrem Vater in einem Keller unter dem Wohnhaus der Familie festgehalten worden.

Dort hatte sie der heute 73-Jährige regelmässig zum Inzest gezwungen und insgesamt sieben Kinder mit ihr gezeugt.

Das Versteck unter dem Wohnhaus des Täters von Amstetten habe Ähnlichkeiten mit dem Raum gehabt, in dem sie von ihrem Entführer eingekerkert worden sei, so Kampusch. Zwar sei ihr Raum viel kleiner gewesen, aber die Sicherheitstür in Amstetten habe sie sehr an den Eingang zu ihrem Verlies erinnert.

«Lebendig begraben»

«Man denkt sich dann, es ist so wie lebendig begraben sein, nur mit Luftzufuhr.» Die Flucht aus dem Kerker sei Elisabeth F. wahrscheinlich auch deshalb nie geglückt, weil sie grosse Angst gehabt habe.

«Es hat etwas damit zu tun, das der Täter alles daran setzt, um die Opfer einzuschüchtern», vermutet Kampusch. «Irgendwann zweifelt man so an sich selbst, dass man nicht mehr weglaufen kann. In dem Fall kann auch Scham vorhanden gewesen sein.»

«Ich hoffe, die Medien haben im Zuge meines Falles etwas dazugelernt»

Im Umgang mit den Medien rät Natascha Kampusch den Opfern von Amstetten zur Zurückhaltung. Sie selbst hatte bald nach ihrer Befreiung ein Fernseh-Interview gegeben. Elisabeth F. hingegen rät sie heute, «sich das genau zu überlegen.» Sie könne sich aber gegen den Ansturm der Medien auch nicht wehren. «Ich hoffe, die Medien haben im Zuge meines Falles etwas dazugelernt.»

«Ich wünsche ihnen viel Glück, Zuversicht und Mut»

Die Betroffenen von Amstetten sollten nach Meinung von Kampusch eine neue Identität annehmen, da sie den Namen des Täters tragen. Sie will die Opfer finanziell unterstützen. «Ich glaube, dass sie eine grosse Chance haben, irgendwann ein normales Leben und zufriedenes Leben führen zu können. Ich wünsche ihnen viel Glück, Zuversicht und Mut.»

Natascha Kampusch war bis zum August 2006 acht Jahre lang von einem Entführer in einem Kellerraum eingekerkert worden. Sie lebt heute alleine in Wien und holt die versäumte Schulbildung mit der Hilfe von Privatlehrern nach.

(NDR Norddeutscher Rundfunk/ots)

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