USA erwägen Luftangriffe gegen IS-Extremisten
Washington/Bagdad/Ankara - Die USA erwägen Medienberichten zufolge Luftangriffe und den Abwurf von Hilfsgütern im Nordirak, um den von der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verfolgten Jesiden und Christen zu helfen. US-Präsident Barack Obama liess dazu mehrere Optionen prüfen.
In Washington seien jetzt «andere militärische Optionen» im Gespräch, berichtete der US-Sender CNN. «Jede Handlung wäre in ihrem Umfang sehr begrenzt», sagte Regierungssprecher Earnest. US-Kampftruppen auf irakischem Boden seien aber ausgeschlossen. Es gebe zudem keine von den USA gesteuerte militärische Lösung für den Irak. «Wir können die Probleme nicht für sie lösen», sagte Earnest.
Massenflucht vor sunnitischen Fanatikern
Der Vormarsch der sunnitischen Fanatiker in eine Christenregion hat im Irak eine neue Massenflucht ausgelöst. Hunderttausend Menschen flohen nach Angaben des Patriarchen der chaldäisch-katholischen Kirche, Louis Raphael I. Sako, am Donnerstag zum Teil zu Fuss aus ihren Heimatdörfern im Norden des Landes.
Papst Franziskus rief die internationale Gemeinschaft in einem flammenden Appell zu einem verstärkten Einsatz für die von Gewalt und Vertreibung betroffenen Menschen in der Region auf.
Im Sindschar-Gebirge sind nach UNO-Angaben 200'000 Menschen vor den Kämpfern des so genannten Islamischen Staats auf der Flucht, die dringend Wasser, Essen und Medizin benötigen.
Tod oder Bekehrung zum sunnitischen Islam
Bei den meisten Flüchtlingen handelt es sich um Jesiden, die von den sunnitischen Fundamentalisten des IS als «Teufelsanbeter» verunglimpft werden und bereits scharenweise hingerichtet wurden, wenn sie nicht zum sunnitischen Islam konvertieren wollten.
Erst am Wochenende hatten die sunnitischen Extremisten das Hauptsiedlungsgebiet der kurdischen Minderheit der Jesiden überfallen, nachdem in Nordost-Syrien und im nordwestlichen Irak ein so genanntes Kalifat unter dem selbst ernannten Mohammed-Nachfolger Abu Bakr al-Baghdadi ausgerufen worden war.
Die Türkei kündigte nun an, Hilfspakete von irakischen Helikoptern über dem Zufluchtsgebiet der Jesiden abwerfen zu lassen. Aussenminister Ahmet Davutoglu nannte die Angriffe der sunnitischen Extremisten auf die religiöse Minderheit eine «humanitäre Tragödie».
In der Nacht zum Donnerstag hatten IS-Kämpfer wichtige christliche Regionen unter ihre Kontrolle gebracht, darunter die historischen assyrischen Orte Karakosch und Tal Kaif, wie geflohene Bewohner berichteten. Die meisten Familien seien daraufhin in die kurdischen Autonomiegebiete geflohen.
Patriarch warnt vor Völkermord an Christen
Patriarch Louis Raphael I. Sako beschrieb die Lage der nun geflüchteten Christen in einem Appell an das katholische Hilfswerk «Kirche in Not»: «Wie bei einem Exodus oder vergleichbar mit einem Kreuzweg flüchten Christen zu Fuss in der sengenden Sommerhitze des Irak in die kurdischen Städte Erbil, Duhok und Sulaymaniya, unter ihnen auch kranke und alte Menschen, Kinder und Schwangere.»
Vor 2003 lebten noch rund 1,2 Millionen Christen im Irak - viele von ihnen im Norden. Zuletzt wurde deren Zahl auf 500'000 geschätzt, sie dürfte nun weiter sinken. Auch die meisten der schätzungsweise 800'000 Jesiden weltweit lebten in der Region.
Ausschreitungen in Deutschland
Wegen des Irak-Konflikts kam es in Deutschland zu Ausschreitungen. Im westfälischen Herford brach zwischen Sympathisanten der Terrorgruppe Islamischer Staat und kurdischen Jesiden Gewalt aus.
Nach Angaben der Polizei hatten zunächst radikale Islamisten eine Gruppe jesidischer Männer angegriffen, die mit einem Plakat zu einer Demonstration gegen die Übergriffe auf ihre Glaubensgemeinschaft im Irak aufgerufen hatte. Die Polizei nahm sechs Männer fest, die überwiegend aus Tschetschenien stammen.
(bg/sda)
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